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Weihe des Schmerzes

Von

Schon meinen Spielgenossen hieß ich Träumer;
Denn wie ein Bruder engverwandt von je,
Fühlt′ ich, o Schmerz, du tiefer, allgeheimer,
Mich dir und deinem dunklen Weh.

Wenn lachend über mir des Lebens blauer
Lichthimmel hängt, mich Scherz und Lust umhallt,
Doch stets zu dir in deine ernste Trauer
Zurückgezogen werd′ ich bald.

In mich mit langen, durst′gen Zügen sauge
Ich deinen Odem, während so vertraut,
Und wie aus Weltalltiefen doch, dein Auge,
Das große, dunkel auf mich schaut.

Da fühl′ ich: aus dem düstern Reich dort unten
Nur kommt die Weihe in des Menschen Brust,
Und matt und schal erscheint mit ihren bunten
Trugbildern mir der Erde Lust.

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Gedicht: Weihe des Schmerzes von Adolf Friedrich Graf von Schack

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Weihe des Schmerzes“ von Adolf Friedrich Graf von Schack ist eine tiefgründige Reflexion über die Beziehung des lyrischen Ichs zum Schmerz und seine daraus resultierende Sicht auf das Leben. Das Gedicht offenbart eine innige Verbundenheit mit dem Schmerz, der als ständiger Begleiter und Quelle tiefer Erkenntnis wahrgenommen wird.

Der erste Abschnitt etabliert die frühe Prägung des lyrischen Ichs. Schon in der Kindheit wird es von seinen Spielkameraden als Träumer bezeichnet. Diese Bezeichnung deutet auf eine innere Welt, die sich von der äußeren Realität unterscheidet und in der der Schmerz als „Bruder engverwandt“ erlebt wird. Die Verbindung zum Schmerz ist so tiefgreifend, dass er als etwas Geheimes und Unausweichliches empfunden wird. Der Schmerz wird hier nicht als Gegenspieler, sondern als enger Vertrauter dargestellt, der eine tiefe emotionale Bindung erzeugt.

In den folgenden Strophen wird die Ambivalenz der Beziehung zum Leben und zum Schmerz deutlich. Das lyrische Ich erfährt Freude und Glück („Scherz und Lust“), wird aber immer wieder zum Schmerz zurückgezogen. Dies deutet auf eine innere Sehnsucht nach Tiefe und Authentizität hin, die im oberflächlichen Genuss des Lebens nicht gefunden werden kann. Die „ernste Trauer“ des Schmerzes wird als der Ort der wahren Erkenntnis und Weihe wahrgenommen. Die Zeilen beschreiben, wie das lyrische Ich „durst’ge Züge“ des Schmerzes „sauge“ und die tiefe Verbundenheit und Abhängigkeit hervorhebt.

Der letzte Abschnitt kulminiert in der Erkenntnis, dass die wahre „Weihe“ aus dem Reich des Schmerzes kommt. Nur durch das Erleben von Leid und Trauer wird der Mensch wirklich geweiht und findet tiefere Bedeutung. Die „bunten Trugbilder“ der irdischen Lust erscheinen im Vergleich dazu „matt und schal“. Diese Schlussfolgerung unterstreicht die philosophische Tiefe des Gedichts, das den Schmerz nicht als etwas Negatives, sondern als Quelle der Erkenntnis, Echtheit und letztendlich der menschlichen Würde betrachtet. Das Gedicht feiert somit den Schmerz als notwendigen Bestandteil des Menschseins und als Wegweiser zur tieferen Wahrheit.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.