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Die Königstochter

Von

»Was brütest und träumst du, junger Fant?
Heut gilt es kein Lied zur Zither;
Links weichen die Unsern; dort halte stand,
Und selbst dich schlag′ ich zum Ritter!«

Errötend stürmte der Edelknecht
Beim Wort des Königs von dannen;
In die dichtesten Reihn der Feinde hinein
Von neuem riß er die Mannen.

Hoch flammte sein Schwert; zu Boden sank
Ein Feind bei jedem der Streiche;
Beim sinkenden Tag am Boden lag
Der Jüngling selber als Leiche.

Gewonnen der Sieg! Zur Hauptstadt kehrt
Der König mit seinen Vasallen;
Doch traurige Mär bei der Wiederkehr
Liest er in den Blicken von allen.

Er findet die Tochter totenbleich
Aufs Purpurkissen gebettet.
»Auf, sendet Boten! Mein halbes Reich
Dem, der vom Tode sie rettet!«

Nicht einer, so viele der Aerzte sind,
Weiß, was ihr fehle, zu sagen.
Bang forscht der Vater: »Was ist dir, Kind?«
Stumm bleibt sie bei allen Fragen.

»Und zehrt am Herzen dir Liebesqual,
O Tochter, hör mich geloben:
Wen immer du wählst, er sei dein Gemahl!«
Sie schaut, wie jammernd, nach oben.

Der König wacht an der Lagerstatt,
Bis blaß aufdämmert der Morgen;
Da hebt mit der Rechten die Kranke ein Blatt,
Das sie auf dem Busen verborgen,

Und küßt es lange und seufzt so tief,
Als fühlte das Herz sie zerspringen:
»Leb wohl! Das ist sein letzter Brief;
Ich will ihm die Antwort bringen.«

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Gedicht: Die Königstochter von Adolf Friedrich Graf von Schack

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Die Königstochter“ von Adolf Friedrich Graf von Schack erzählt eine tragische Liebesgeschichte, eingebettet in den Kontext eines Krieges. Die anfängliche Szene zeigt einen jungen Edelknecht, der vom König zum Ritter geschlagen werden soll, um in der Schlacht seinen Mann zu stehen. Seine Ehre und sein Mut werden hier betont, indem er sich in die feindlichen Reihen stürzt und heldenhaft kämpft, bis er schließlich im Kampf stirbt. Die Beschreibung seines Todes in den Zeilen „Beim sinkenden Tag am Boden lag / Der Jüngling selber als Leiche“ ist von großer emotionaler Wucht und verdeutlicht das tragische Schicksal des jungen Mannes.

Nach dem Sieg kehrt der König in seine Hauptstadt zurück, wo er feststellt, dass seine Tochter schwer erkrankt ist. Trotz aller ärztlichen Bemühungen und der verzweifelten Fragen des Vaters bleibt sie stumm und leidet unter einer unbekannten Krankheit. Der König verspricht ihr, dass sie heiraten kann, wen sie will, in der Hoffnung, sie so retten zu können. Diese Szene unterstreicht das ohnmächtige Leid des Vaters und die Macht der Liebe, die über allem zu stehen scheint. Ihre Reaktion, ein jammernder Blick nach oben, deutet bereits auf die wahre Ursache ihres Leidens hin: eine unerfüllte Liebe, die sie innerlich zerfrisst.

Die Auflösung des Rätsels erfolgt am Ende des Gedichts, als die Königstochter ein verborgenes Blatt auf ihrem Busen hervorholt und küsst, bevor sie sich von ihm verabschiedet. Es handelt sich um den letzten Brief ihres geliebten Ritters. Die Zeilen „Leb wohl! Das ist sein letzter Brief; / Ich will ihm die Antwort bringen“ verraten, dass sie sich dem Tod zuwendet, um ihrem Geliebten in den Tod zu folgen. Diese Geste ist von großer romantischer Tragik und symbolisiert die unüberwindbare Liebe der beiden, die durch den Tod des Ritters und das Leid der Königstochter vereint wird.

Das Gedicht zeichnet sich durch eine einfache, klare Sprache und eine emotionale Dichte aus, die die Trauer und die Tragik der Geschichte verstärkt. Die wechselnden Szenen zwischen Schlacht, Heimkehr und Krankheit verstärken die Dramatik und bauen eine Spannung auf, die im tragischen Schluss kulminiert. Die Thematik der unerwiderten Liebe, des Heldentums und des Todes, die in dem Werk behandelt wird, steht im Einklang mit den romantischen Idealen der Zeit, in der das Gedicht entstand. Die Königstochter wählt den Tod, anstatt ohne ihren geliebten Ritter weiterzuleben.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.