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Der Triumphator

Von

Stolz im Triumph glorreicher Siege,
Wie keiner sie erkämpft zuvor,
Zieht auf der leuchtenden Quadrige
Aemilius Paulus durch das Thor;
Es wirbelt Duft aus goldnen Becken;
Roms Tempel sind mit Purpurdecken,
So schön sie Tyrus beut, behängt,
Und rauschend tönt′s, wie Meeresbranden,
Wo sich das Volk in Festgewanden,
Des Feierzuges harrend, drängt.

Auf Helmen, Schilden, Wurfgeschossen,
Auf Rüstungen von blankem Stahl,
Auf Marmorbildern, Erzkolossen
Spielt wie verirrt der Sonnenstrahl;
Jünglinge nerv′gen Armes führen
Von des Clitumnus weißen Stieren
Die schönsten hundert, kranzgeschmückt;
In Reihen dann, ein Spott der Sieger,
Nahn Macedoniens blasse Krieger,
Von eh′rner Ketten Wucht gedrückt.

Drauf er, dem bis zu Asiens Landen
Sich gestern noch gedehnt das Reich,
Der König selbst in Eisenbanden,
Dem niedersten der Sklaven gleich;
An seiner Seite flehn zwei Söhne,
Fast Kinder noch, von holder Schöne,
Der stolzen Römer Mitleid an;
Dann siehe! durch die Ehrenbogen
Der Legionen trunknes Wogen,
Des Siegers weißes Roßgespann!

Beim Jauchzen der Triumphgesänge,
Das tausendstimmig rings erschallt,
Rollt die Quadriga durch die Menge
Und macht am Kapitole Halt.
Aemilius steigt durchs Jubelrufen
Des Volkes die phorphyrnen Stufen
Zum Haus des Donnerers hinauf;
Da, durch die Menschenwoge dringend,
Stürzt, bleich von Antlitz, händeringend,
Ein Sklav′ ihm nach in hast′gem Lauf.

»O Herr, vernimm die Trauerkunde!
Was dir des Lebens Liebstes war,
Ward dir geraubt in einer Stunde:
Der Zwillingssöhne blühend Paar!
Ein Blitzstrahl hat die zwei erschlagen,
Als mittags sie entschlummert lagen
Im Oelwald der Akademie;
Her von Athen, damit die Laren
Der Heimat ihren Staub bewahren,
Im Sarkophage bring′ ich sie.«

Die rings die Botschaft hören, schauen
Voll Mitleid auf Aemilius:
»Weh, daß in Gram und Todesgrauen
Ihm der Triumphtag enden muß!«
Doch er tritt, kaum entfärbt die Wange,
Zum Tempel ein mit festem Gange,
Vollzieht das Opfer am Altar
Und ruft, indes die Flammen lohen:
»Nun bring′ ich erst, ihr Ew′gen, Hohen,
Euch Dank aus vollem Herzen dar!

Als kühn wie nie mit Siegesprangen
Von Schlacht zu Schlacht Roms Adler flog,
Als König Perseus selbst gefangen
Einher vor meinem Wagen zog,
Da bebt′ ich vor des Schicksals Tücke;
Da dacht′ ich: allzugroßem Glücke
Stürmt rächend das Verderben nach;
Mir bangte, daß des Schicksals Bürde
Sich über Rom entladen würde
In ungeheurem Wetterschlag.

Doch nun, ihr Götter, darf ich hoffen,
Gerettet sei das Vaterland,
Da mich allein der Blitz getroffen,
Den das Geschick herabgesandt;
Gesättigt nun in einer vollen,
Gewalt′gen Rache ward sein Grollen;
Denn Unglück traf mein Haupt so schwer,
Daß den Besiegten ich beneide;
Ihm blieben seine Söhne beide,
Ich aber habe keinen mehr.«

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Gedicht: Der Triumphator von Adolf Friedrich Graf von Schack

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Triumphator“ von Adolf Friedrich Graf von Schack schildert in eindrucksvollen Bildern den Höhepunkt und den jähen Absturz eines römischen Generals, Aemilius Paulus. Der Text beginnt mit einer prächtigen Beschreibung des Triumphzugs des Generals, der nach siegreichen Feldzügen durch Rom einzieht. Die ersten beiden Strophen zeichnen ein lebhaftes Bild des triumphalen Einzugs: Prunkvolle Insignien, jubelnde Menge, besiegte Feinde in Ketten – all dies zeugt von Macht und Ruhm. Der Dichter verwendet eine reichhaltige Sprache mit Metaphern und Vergleichen, um die Pracht und den Glanz des Ereignisses zu unterstreichen.

Die dritte Strophe führt eine dramatische Wendung ein. Der besiegte König Perseus wird mit seinen gefesselten Söhnen präsentiert, was die Demütigung der Feinde zusätzlich verdeutlicht. Die Erwähnung der Söhne deutet bereits auf das kommende Unheil hin, das sich in der folgenden Strophe entfaltet. Während der General den Gipfel seines Ruhms erreicht und zum Kapitol hinaufsteigt, wird er mit einer schrecklichen Nachricht konfrontiert: Seine Zwillingssöhne sind durch einen Blitzschlag ums Leben gekommen. Dieser plötzliche Umschwung von Triumph zu Trauer bildet den Kern des Gedichts und verdeutlicht die Fragilität des Glücks und die Unberechenbarkeit des Schicksals.

Die Reaktion des Generals ist bemerkenswert. Trotz des überwältigenden Verlustes bewahrt Aemilius Fassung und entschließt sich, seine Pflichten zu erfüllen. Er betritt den Tempel, opfert den Göttern und drückt seine Dankbarkeit aus. Diese Szene offenbart die innere Stärke des Generals und seine tiefe Frömmigkeit, aber auch eine gewisse Verzweiflung und Resignation angesichts des Schicksals.

Die letzte Strophe enthält eine tiefgründige Reflexion über das Schicksal und die Natur des Glücks. Aemilius erklärt, dass er angesichts seines Ruhms und Erfolgs stets die Gefahr des Absturzes ahnte. Er interpretiert den Tod seiner Söhne als eine Art Ausgleich des Schicksals, eine Opfergabe, die das Wohlergehen Roms sichern soll. Indem er seinen eigenen Schmerz als Preis für den Frieden und die Stabilität seines Landes akzeptiert, erhebt sich der General zu einer fast tragischen Figur. Das Gedicht gipfelt in der Erkenntnis, dass er die Besiegten nun beneidet, da ihnen zumindest ihre Söhne erhalten blieben. Dies ist der Ausdruck einer tiefgreifenden Verzweiflung, die den Triumph zu einem makabren Spiegelbild der menschlichen Existenz macht.

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Lizenz und Verwendung

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