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Auf einen Granatenzweig

Von

Dank, Freundin, daß dem Wintermüden,
Den hier des Nordens Eis umstarrt,
Von dir und dem geliebten Süden
Ein Gruß in diesem Zweige ward!

Schon hat, getränkt von meiner Schale,
Er sich mit Blüten reich geschmückt,
Und duftet wie im Mühlenthale
Amalfis, wo du ihn gepflückt.

Und während matt durchs Flockentreiben
Die bleiche Sonne draußen strahlt,
Und Blumen Eises an die Scheiben
Der frostige Dezember malt,

Schwebt mir beim Frühlingsduft hier innen,
Der aus den roten Kelchen quillt,
Im Traum und Wachen vor den Sinnen
Dein und Italiens Zauberbild.

Hoch seh′ ich ob den Meergestaden
Dich an den Felsenrand gelehnt,
An dem mit schäumenden Kaskaden
Die wilde Schlucht der Mühlen gähnt.

Den Schellenklang der Tarantellen
Vernehm′ ich, der das Thal durchhallt
Und rauschend mit den Wasserfällen,
Den tosenden, nach oben schallt;

Gelächter und Gesang dazwischen,
Halb von der Flut nur übertäubt,
Die donnernd hier und dort mit Zischen
Hinsinkt und wieder aufwärts stäubt;

Und zitternd bei dem Wogenrollen
Senkt ein Granatbaum an dem Rand
Die Aeste tief, die blütenvollen,
Hinunter von der Felsenwand;

Du aber beugst dich zu der Neige
Des Abgrunds, über dem er hangt,
Und einen brichst du mir der Zweige,
Der in dem reichsten Schmucke prangt.

Oft träum′ ich so, und beim Erwachen –
Sieh da! vor Augen hab′ ich ihn;
Noch tönt im Ohre mir das Lachen,
Noch das Geklirr vom Tamburin.

Noch blitzt vom Schaum der Katarakte
Auf jedem Blatt der feuchte Staub;
Mir ist, als zittre von dem Takte
Des Wassersturzes noch das Laub.

Mag denn der Sturm des Winters wüten,
Mich, Freundin, schützt ein Talisman;
Stets haucht mich aus des Zweiges Blüten
Dein und Italiens Odem an.

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Gedicht: Auf einen Granatenzweig von Adolf Friedrich Graf von Schack

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Auf einen Granatenzweig“ von Adolf Friedrich Graf von Schack ist eine Hommage an die Erinnerung und die Kraft der Natur, die Trost und Wärme inmitten der Kälte des Winters spendet. Der Dichter empfängt von einer Freundin einen Granatenzweig, ein Symbol für den sonnigen Süden und die dort verbrachte Zeit. Dieses Geschenk wird zum Ankerpunkt der Sehnsucht und der Erinnerung, der ihm hilft, die Tristesse des Winters zu überwinden und in Gedanken in die ferne, geliebte Landschaft zurückzukehren.

Die ersten Strophen beschreiben die unmittelbare Wirkung des Granatenzweigs. Er erweckt die Erinnerung an den Süden, an das warme Klima und die üppige Vegetation. Durch die Beschreibung der Blüten und des Duftes werden die Sinne des Dichters angesprochen, und er fühlt sich dem geliebten Ort, dem Ursprung des Zweiges, näher. Der Zweig wird somit zu einem kleinen Fenster in eine andere Welt, in der die Sonne scheint und das Leben in voller Blüte steht, im Gegensatz zur winterlichen Monotonie des Nordens.

In den folgenden Strophen vertieft sich die Erinnerung. Der Dichter versetzt sich in die Szenerie, in der die Freundin den Zweig gepflückt hat. Er beschreibt lebhaft die Landschaft: das Meer, die Felsen, die Wasserfälle, das Gelächter und den Gesang. Die Bilder sind so kraftvoll, dass sie eine fast sinnliche Erfahrung auslösen. Durch die lebhaften Beschreibungen der Tarantellen, des Donners der Wasserfälle und der Blüten des Granatapfelbaumes wird die Erinnerung an die gemeinsame Zeit mit der Freundin und an die Schönheit Italiens wachgehalten.

Die abschließenden Strophen verdeutlichen die transformierende Kraft der Erinnerung. Der Granatenzweig wird zum Talisman, der den Dichter vor den Stürmen des Winters schützt. Er ist ein Symbol für die Verbundenheit mit der Freundin und der gemeinsamen Vergangenheit, die ihm Trost und Kraft gibt. Die Erinnerung an die schönen Momente in Italien, repräsentiert durch den Zweig, wird so zu einer Quelle der Hoffnung und des Trostes, die den Dichter durch die kalte Jahreszeit begleitet und ihm die Sehnsucht nach dem Frühling und der Wiederkehr der Wärme versüßt. Das Gedicht feiert somit die transformative Kraft der Erinnerung und die bleibende Schönheit, die in den kleinen Dingen, wie einem einfachen Granatenzweig, gefunden werden kann.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.