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Ewige Jugend

Von

Schön war′s, als aus dem Morgenrot
Mein Leben anhub aufzustrahlen
Und mir die Lust in vollen Schalen
Die reichsten ihrer Spenden bot;
Doch nicht die Jugend, schnell verweht
Und bleichend mit den braunen Haaren,
Ich preise die, die nie vergeht
Und schöner aufblüht mit den Jahren.

Das Götterbild, das immerdar
Ich feierte mit Hymnensange,
Sie schütz es, daß es ewig prange
Auf meines Herzens Weihaltar,
Und meine Leier stimme sie,
Daß alles Herrliche und Schöne
In voller sel′ger Harmonie,
Aus ihren Saiten wiedertöne!

Sie trage aufwärts meinen Geist,
Auf daß er hoch und höher ringe,
So wie in Jugendkraft die Schwinge
Den alten Aar nach oben reißt;
Er schwebe, himmelsluftgewiegt,
Indes, vom Lichtglanz ungeblendet,
Er auf die Welt, die unten liegt,
Die Sonnenblicke niedersendet.

Häuft dann des Alters Wintertag
Den letzten Schnee auf meine Locken:
Nicht schrecken mich die weißen Flocken;
Ich weiß, ein neuer Lenz folgt nach;
Und heller noch, als da ich jung,
Wie Abendrot der Alpen Firne,
Umleuchte mir Begeisterung,
Wenn sie zum Grab sich neigt, die Stirne.

Gedrückt hat so der Genius
Dem einundachtzigjähr′gen Greise,
Dem hehren Sophokles , noch leise
Auf Stirn und Mund den Weihekuß;
Und, während er im Morgenlicht
Sein Opfer bracht′ am Musenherde,
Noch auf den Lippen ein Gedicht,
Ward er entrückt von dieser Erde.

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Gedicht: Ewige Jugend von Adolf Friedrich Graf von Schack

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Ewige Jugend“ von Adolf Friedrich Graf von Schack ist eine Betrachtung über die Natur der Jugend, des Alterns und der bleibenden Schönheit, die über das Vergängliche hinausgeht. Es beginnt mit einer nostalgischen Erinnerung an die Freude und Fülle der Jugend, beschreibt jedoch dann eine Sehnsucht nach einer Form der Jugend, die dem Verfall trotzt. Schack feiert nicht nur die vergängliche Jugend, sondern eine ewige Jugend, die in Schönheit und Harmonie im Inneren des Menschen weiterlebt.

Im zweiten Abschnitt widmet sich das Gedicht der Verehrung eines „Götterbildes“, das auf dem „Weihaltar“ des Herzens verehrt wird. Dieses Götterbild steht für Ideale, Schönheit und die Künste, die der Dichter in seinem Leben verehrt. Durch die Hingabe an diese Ideale wird die ewige Jugend lebendig gehalten, und die „Leier“ des Dichters, ein Symbol für seine künstlerische Kreativität, soll in ewiger Harmonie erklingen. Dies unterstreicht die Idee, dass die wahre Jugend in der inneren Welt, in der Kunst und in der Hingabe an das Schöne gefunden werden kann, und nicht in körperlicher Unversehrtheit.

Die Metapher des Adlers im dritten Teil symbolisiert den aufsteigenden Geist des Dichters, der durch die Jugendkraft emporgetragen wird. Auch im Alter, wenn die „Schnee“ des Alters die Locken bedeckt, lässt sich der Dichter nicht vom Tod schrecken. Er erwartet einen „neuen Lenz“, der die Begeisterung noch heller erstrahlen lässt. Das Bild des Sonnenblicks, der von oben auf die Welt gesendet wird, verdeutlicht die Unabhängigkeit von äußeren Umständen und die Fähigkeit des Geistes, über die Welt zu triumphieren.

Der letzte Abschnitt des Gedichts führt ein Beispiel für die Unsterblichkeit des Geistes ein, nämlich Sophokles, der im hohen Alter noch kreativ war und starb, während er am Musenherde opferte. Diese Episode dient als Beweis für die bleibende Kraft der Inspiration und des künstlerischen Schaffens, die den Tod überwinden kann. Schack betont, dass die wahre Jugend nicht an das Alter gebunden ist, sondern in der Hingabe an Ideale, Kunst und Schönheit zu finden ist und über das physische Dasein hinaus weiterlebt. Das Gedicht ist damit eine Ode an die Ewigkeit des Geistes und die bleibende Kraft der Kunst.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.