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Drei Dichter

Von

Nächtlich aus ihrer Ruhestatt
Steigen drei deutsche Dichter;
Klagend schaun sie mich an und matt,
Blasse Totengesichter.

Deutsche Mutter, wie warst du so karg
Deinen Söhnen im Leben;
Nichts als die Wiege, den Gram und den Sarg
Hast du den Edlen gegeben.

Dort den trauerverhüllten Geist,
Kennst du ihn? Gieb mir Kunde!
Ueber der mächtigen Stirne weist
Er die klaffende Wunde.

Kummer um dich, der sein Leben geknickt,
Trieb ihn hinab zu den Toten;
Stärker, wie er dich wieder erblickt,
Rieseln die Tropfen, die roten.

Und der zweite, die Locken zerrauft,
Weiß die Mär zu erzählen,
Wie du die eigenen Söhne verkauft
An die Mäkler der Seelen.

In den Wäldern des Westens voll Gram
Irrte der Fremdling verloren;
Selbst den Wilden verschwieg er vor Scham,
Welches Land ihn geboren.

Und der dritte mit starrem Blick,
Aber den Zügen der Griechen,
Stammelt verstört: Warum, Geschick,
Mußt′ ich in Deutschland siechen?

Schon in der Wiege traf ihn der Fluch,
Der sich am Jüngling erfüllte,
Bis mit des Wahnsinns Schleiertuch
Mild ihn der Himmel umhüllte.

Das sind die drei, die im Trauerchor
Nächtlich den Reigen schlingen!
Sage, wie tönt dir das Lied ins Ohr,
Mutter, das sie dir singen?

Deutsche Mutter, verbirg dein Gesicht!
Nicht mit marmornen Platten,
Und mit dem Lorbeer auf Gräbern nicht
Sühnst du die zürnenden Schatten.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Drei Dichter von Adolf Friedrich Graf von Schack

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Drei Dichter“ von Adolf Friedrich Graf von Schack ist eine eindringliche Anklage an Deutschland, personifiziert als „deutsche Mutter“, und behandelt die Themen Leid, Unglück und der Tod von Dichtern in Deutschland. Das Gedicht ist in acht Strophen unterteilt, die jeweils eine Szene der Klage und des Vorwurfs enthüllen. Die düstere Atmosphäre wird durch die nächtliche Kulisse und die blassen, geisterhaften Gestalten der Dichter verstärkt.

Die ersten beiden Strophen setzen den Ton für die gesamte Anklage. Die drei Dichter steigen aus ihren Gräbern auf und konfrontieren die „deutsche Mutter“ mit ihrer Verbitterung. Die Mutter wird für ihre Kargheit und die Gewährung von Leid, Gram und Tod verantwortlich gemacht. Diese Kritik deutet auf ein Gefühl der Missachtung oder des Versagens gegenüber den Dichtern hin, was darauf hindeutet, dass Deutschland seinen Künstlern kein günstiges Umfeld geboten hat, in dem sie gedeihen konnten.

Die darauffolgenden Strophen stellen die drei Dichter vor, jeder mit einer einzigartigen Geschichte des Leidens. Der erste Dichter wird durch eine „klaffende Wunde“ auf seiner Stirn symbolisiert, was auf Kummer und Trauer hinweist, die ihn bis zum Tod trieben. Der zweite Dichter, der seine Locken zerrauft, erzählt von der Korruption der „Mutter“, die ihre eigenen Söhne „an die Mäkler der Seelen“ verkauft hat. Der dritte Dichter, mit Zügen, die an Griechen erinnern, beklagt sein Los, in Deutschland leiden zu müssen. Er wird mit dem Fluch der Unglückseligkeit belegt, der sich in seiner Jugend erfüllt hat und ihn bis in den Wahnsinn getrieben hat.

Die letzten beiden Strophen sind eine direkte Frage an die „deutsche Mutter“. Sie wird aufgefordert, ihr Gesicht zu verbergen, da sie durch marmorne Platten und Lorbeerkränze auf Gräbern ihre Sünden nicht sühnen kann. Das Gedicht endet mit einer Mahnung zur Reue, die verdeutlicht, dass die Geschichte der deutschen Dichter von Leid und Unglück geprägt ist und die „deutsche Mutter“ einen Preis für ihr Handeln zahlen muss. Die Verwendung von Metaphern und symbolischen Bildern wie „klaffende Wunde“, „Mäkler der Seelen“ und „Wahnsinns Schleiertuch“ intensiviert das emotionale Gewicht des Gedichts und unterstreicht die Kritik an der deutschen Gesellschaft.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.