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Zuruf

Von

Fliegt nun weiter, liebe Lieder!
Kleine Seelen meiner Seele!
Singt den hohen Sang der Freiheit
Ringsumher mit süßer Kehle!

Ach, ihr seid verbot′ne Lieder!
Euer Sang hat mächt′ge Tadler:
Gift′gen Blickes, scharfer Kralle
Harren eurer schon die Adler.

Sie, die in den Wolken thronen,
Deckten gern den Strahl der Sonne,
Daß in Blüthen und in Liedern
Nicht erwacht der Freiheit Wonne.

Doch, wie sie euch gier erfassen,
Was euch Gott durch mich gegeben
Werden sie euch nimmer rauben:
Eures Lebens höh′res Leben!

Denn vom höchsten Geist getrieben.
Folgt ihr auf aus meinem Herzen.
Seine ew′gen Reime singend:
Schmerz in Scherzen, Scherz in Schmerzen.

Darum singt den Sang der Freiheit!
Steckt ihr auch in Adlerskrallen,
Werden doch in Tausend Seelen
Eure Töne wiederhallen.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Zuruf von Adolf Glaßbrenner

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Zuruf“ von Adolf Glaßbrenner ist eine leidenschaftliche Ermutigung und ein Aufruf zur Beharrlichkeit der Freiheit, verkörpert durch die „liebe Lieder“ und „kleine Seelen“. Der Dichter sendet seine schöpferischen Werke, die seine Seele repräsentieren, hinaus in die Welt und fordert sie auf, den „hohen Sang der Freiheit“ zu singen, trotz der drohenden Gefahr. Die Verwendung von Anredeformeln und Ausrufen wie „Fliegt nun weiter, liebe Lieder!“ und „Ach, ihr seid verbot′ne Lieder!“ verleiht dem Gedicht eine persönliche und emotionale Dichte. Die Metapher der Lieder als Vögel, die in die Welt hinausfliegen, unterstreicht die Idee der Freiheit, die sich ihren Weg bahnt, auch wenn sie bedroht wird.

Die „Adler“, die „in den Wolken thronen“, stehen für die Kräfte der Unterdrückung und Zensur, die versuchen, die Freiheit zu ersticken. Diese „Adler“ werden als „Tadler“ mit „gift′gen Blickes, scharfer Kralle“ dargestellt, was ihre zerstörerische Natur hervorhebt. Sie möchten den „Strahl der Sonne“ verdecken, um die „Freiheit Wonne“ in Blüten und Liedern zu unterbinden. Glaßbrenner malt ein düsteres Bild der Zensur, aber er verliert dabei nicht die Hoffnung. Er ist sich der Gefahr bewusst, aber er beschreibt die „Adler“ als unfähig, die eigentliche Essenz der Lieder zu zerstören, da diese von Gott und seinem eigenen Herzen stammen.

Das Gedicht nimmt eine trotzige Haltung ein. Die Lieder, auch wenn sie von den „Adlern“ erfasst werden, können nicht vollständig vernichtet werden. Der Dichter versichert ihnen, dass sie „in Tausend Seelen“ widerhallen werden. Glaßbrenner glaubt an die Unsterblichkeit der Idee der Freiheit und ihre Fähigkeit, sich durch die Kunst und das menschliche Herz auszubreiten, selbst unter widrigsten Umständen. Die Zeilen „Schmerz in Scherzen, Scherz in Schmerzen“ unterstreichen die Ambivalenz des menschlichen Erlebens, das die Freiheit sowohl in Freuden als auch in Leiden findet.

Die Struktur des Gedichts, mit seinen klaren Strophen und dem durchgängigen Reimschema, unterstützt die Klarheit der Botschaft. Glaßbrenners Sprache ist eindringlich und direkt, vermeidet übermäßige Ausschmückung und konzentriert sich stattdessen auf die Vermittlung seiner leidenschaftlichen Überzeugung. Die Verwendung von Bildern aus der Natur, wie „Wolken“ und „Adler“, verleiht dem Gedicht eine zeitlose Qualität und macht die Themen Freiheit und Unterdrückung universell verständlich. Das Gedicht ist somit eine kraftvolle Hymne auf die Unzerstörbarkeit der künstlerischen Freiheit und die Widerstandsfähigkeit des menschlichen Geistes im Angesicht von Tyrannei.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.