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Zueignung

Von

Es war an des Orangengartens Pforte,
Wo Dich der Wagen donnernd von mir riß; –
Ich sah ihm nach, – so blieb an diesem Orte
Noch etwas mir auf weiter Welt gewiß, –
Der Wagen schwand, der Schmerz kam nun zu Worte,
Es drückte mich der Tränen Finsternis:
All was mir lieb, es sind nun bloß Gedanken,
Und was mir nah, es sind der Aussicht Schranken.

Des Tages Auge sah auf mich hernieder,
Gleich wie ein Leu aus einer Wüstenei,
Zerrissen sind die fest verbundnen Glieder,
Als wir beisammen, waren eins wir zwei;
Blieb mir die Stimme nicht der Klagelieder,
Mir blieb ein Herz, zu fühlen, was vorbei;
Die Welt wird eng, das Herz um so viel bänger,
Die Tage kurz und alle Schatten länger.

Da stand am Weg ein Kreuz aus Stein gehauen,
Mitleidig sah vom Kreuz ein Gott herab,
Ich sehnte mich, ihn einzig anzuschauen,
Vor ihm zu knieen, wie der Bettlerknab,
Der mich verließ, dem Gotte zu vertrauen,
Denn Glockenklang versprach ihm höhre Gab;
Da hielt die Welt so zweifelnd mich gebunden,
Ich wär nicht gerne gleisnerisch befunden.

Da stürzt ich mich ins grüne Meer der Bäume,
Das neben mir im Morgenwind gerauscht,
Derselbe Geist erfüllte diese Räume,
Der dort am Kreuze meinen Schmerz belauscht,
Und daß ich nichts von seiner Gunst versäume,
Die Andacht hat die Bilder leicht vertauscht;
Ein reiner Dienst hält Kirche im Gemüte,
Der Geist sich offenbart in Frucht und Blüte.

So fand ich′s dort bei den Orangenreihen.
Der Gärtner pflückte schon die Blut und Frucht,
Den Vogel hört ich drüber ziehend schreien,
Der Deines Wagens Spuren sehnlich sucht,
Was uns gemeinsam freute unter Maien,
Es zieht Dir nach mit dieses Jahres Flucht,
Die Sehnsucht strahlt manch Bild in meine Seele;
Wem teil ich′s mit, was mich erfreu und quäle?

Es war ein Helm von altem, rost′gen Eisen,
Worin der Gärtner seine Frucht gepflückt,
Manch schwerer Hieb ließ sich darauf noch weisen,
Doch schwerer hat ihn schöne Frucht gedrückt;
So mußt der Helm vor meinen Augen reißen,
Der fest geschmiedet schien und reich beglückt:
Der alten Waffen schwer errungner Segen,
Und schöner Künste Frucht, läßt sich nicht hegen.

Gleichgültig ließ der Gärtner sie da fallen,
Die schöne Frucht, er hatte deren viel,
Da hört ich sie am Boden tönend schallen
Und Schellen schmetterten mit leichtem Spiel;
Ich fand das Tamburin mit Wohlgefallen,
Das unten lag, worauf sie tönend fiel,
Das Schöne ist auf Erden unverloren,
Es klingt zur rechten Zeit, den rechten Ohren.

Es ist so schön in andern sich verlieren,
Und alles klinget dann erhöht zurück,
So mag die Frucht das Tamburin gern zieren,
Das Tamburin bewahrt mit Klang dies Glück,
Ein Schrecken ist der Klang den wilden Tieren
Und ich bewahr die Frucht vor Wintertück;
Dir reich ich beide, die ich so gefunden.
O liebe beide, die mein Glück verbunden.

Wenn wir vereint zum Tempel wieder steigen,
Wer scheidet dann, was jedem lieb am Rhein,
All was uns lieb, das wird sich unser zeigen!
Wird Dir die Frucht des Gartens lieblich sein,
So ist sie ohne Zueignung Dir eigen
Und wird in Deiner Lust dann doppelt mein;
Des Fernen Trost mußt Du mit Lust nun lesen,
Denn mir gilt nichts, was mir allein gewesen.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Zueignung von Achim von Arnim

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Zueignung“ von Achim von Arnim ist eine tiefgründige Reflexion über Verlust, Sehnsucht, die Vergänglichkeit des Glücks und die Suche nach Trost und Sinn nach einer Trennung. Es zeichnet sich durch eine Vielzahl von Bildern und Metaphern aus, die dem Leser ein Gefühl für die emotionalen Turbulenzen des lyrischen Ichs vermitteln. Der Titel „Zueignung“ (Widmung) deutet bereits auf die Intention des Gedichts hin, die eigenen Gedanken und Gefühle einer geliebten Person zu widmen, auch wenn diese physisch getrennt ist.

Das Gedicht beginnt mit dem Abschied von einer geliebten Person, der mit dem Bild eines davoneilenden Wagens und dem daraus resultierenden Schmerz verbunden ist. Der Dichter beschreibt die Leere und Verzweiflung, die durch die Trennung ausgelöst werden. Es ist die Trauer über den Verlust der Vertrautheit und die Enge der Welt, die im zweiten Teil des Gedichts betont wird. Die Sehnsucht nach der verlorenen Liebe wird durch die Bilder der Natur – dem Tagesauge, den Bäumen und dem grünen Meer – verstärkt, die die Einsamkeit des lyrischen Ichs widerspiegeln.

Die Suche nach Trost führt das lyrische Ich an verschiedene Orte, darunter ein Kreuz am Wegesrand und den Orangengarten. Die Natur wird dabei zum Spiegel der eigenen Seele und zum Ort der Auseinandersetzung mit den eigenen Gefühlen. Die im Gedicht vorkommenden Bilder wie die fallende Frucht oder der alte Helm sind Metaphern für die Vergänglichkeit des Glücks und die Unbeständigkeit des Lebens. Das Finden des Tamburins am Ende des Gedichts deutet auf die Hoffnung und die Möglichkeit der Wiederentdeckung des Schönen und der Freude hin, selbst inmitten der Trauer.

Das Gedicht kulminiert in der Erkenntnis, dass das Glück geteilt werden muss, um wirklich zu existieren und zu überdauern. Die Hingabe des Gedichts an die geliebte Person zeigt die Sehnsucht nach einer Wiedervereinigung und die Bereitschaft, die eigenen Erfahrungen zu teilen und sie in der Liebe zu verewigen. Die abschließenden Verse unterstreichen die Hoffnung auf ein Wiedersehen und die Überwindung der Trennung, indem das, was dem lyrischen Ich lieb ist, in die geteilte Freude der geliebten Person übergeht. Das Gedicht ist somit eine Hommage an die Liebe, die über die physische Trennung hinaus Bestand hat und durch die geteilte Erinnerung und Sehnsucht lebendig bleibt.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.