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Wie der Hund knurren und bellen wollte

Von

Solo. Ein Hund, der wollte bellen.
Chor. Ein Hund, der wollte bellen.
Solo. Bellen, knurren!
Chor. Murren, blaffen!
Ein Hund, der wollte bellen.

Solo. Der Hausherr wollt′s nicht dulden.
Chor. Der Hausherr wollt′s nicht dulden.
Solo. Dulden, leiden!
Chor. Wollen, wißen!
Der Hausherr wollt′s nicht dulden.

Solo. Canaille, bell′ gen Andre!
Chor. Nicht gegen mich, gen Andre!
Solo. Belle, blaffe
Chor. Gegen Andre!
Sonst halte deine Schnauze!

Solo. Er gab dem Hund den Maulkorb.
Chor. Er gab dem Hund den Maulkorb.
Solo. Maulkorb, Censur,
Chor. Censur, Maulkorb,
Er gab dem Hund den Maulkorb.

Solo. Dann ist das Thier gestorben.
Chor. So gut, als wie gestorben.
Solo. Gestorben, verschieden,
Chor. Verrecket, crepiret,
Dann ist das Thier gestorben.

Solo. Sie setzten ihm ein Denkmal.
Chor. Natürlich wohl ein Denkmal.
Solo. Denkmal, Monument,
Chor. Grabstein, Leichenstein,
Sie setzten ihm ein Denkmal.

Solo. Darauf da stand geschrieben,
Chor. Darauf da stand geschrieben,
Solo. Gekritzelt, geklieret,
Chor. Gegraben, geschmieret,
Darauf da stand geschrieben:

Der arme Hund, der ist nun todt,
Den Hausherrn holt die Schwerenoth!
Wir wollen′s ihm hiermit nur sagen,
Daß wir nicht mehr den Maulkorb tragen!

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Gedicht: Wie der Hund knurren und bellen wollte von Adolf Glaßbrenner

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Wie der Hund knurren und bellen wollte“ von Adolf Glaßbrenner ist eine Satire, die sich auf die Unterdrückung der Meinungsfreiheit und die Zensur im 19. Jahrhundert bezieht. Die einfache Struktur, bestehend aus Solo- und Chor-Strophen, verstärkt den Eindruck einer demonstrativen Aussage und verweist auf die Wiederholung und Einheitlichkeit der Botschaft. Der Hund dient dabei als Metapher für das Volk oder einen einzelnen Bürger, der seine Meinung äußern möchte, während der Hausherr für die Obrigkeit oder die Zensur steht.

Die erste Strophe etabliert das Grundmotiv: Der Hund möchte bellen, also seine Meinung kundtun. Der Hausherr jedoch duldet dies nicht, was in den folgenden Strophen durch das Verhängen eines Maulkorbs, also der Zensur, konkretisiert wird. Die Reaktion des Hundes wird dadurch verhindert, seine Stimme zum Schweigen gebracht. Das Zusammenspiel von Solo und Chor zeigt dabei die kollektive Erfahrung der Unterdrückung und die Gleichheit im Widerstand.

Die tragische Konsequenz, der Tod des Hundes, ist eine Metapher für das Ersticken von Meinungsfreiheit. Das Denkmal, das dem Hund gesetzt wird, stellt die posthume Anerkennung und die Erinnerung an sein Schicksal dar. Die Inschrift auf dem Denkmal ist dann der eigentliche Höhepunkt der Satire. Hier wird die eigentliche Botschaft des Gedichts deutlich: Die Unterdrückung hat zwar den Hund getötet, aber die Angst vor der Obrigkeit ist nun gewichen. Die Bevölkerung hat nun ihre Stimme wiedergefunden und droht dem Hausherrn mit dem „Schwerenoth“, einer schwerwiegenden Konsequenz, weil sie nun befreit vom Maulkorb, ihre Meinung kundtun kann.

Glaßbrenners Gedicht ist somit eine klare Kritik an den repressiven Zuständen seiner Zeit. Durch die einfache, eingängige Form und die Verwendung von Humor – das „Verrecken“ und „Crepieren“ des Hundes etwa – wird die Botschaft auf verständliche Weise transportiert. Gleichzeitig ist die Satire eine Mahnung, die Meinungsfreiheit zu schützen und sich gegen jegliche Form von Zensur zu wehren. Der Schlussvers verdeutlicht, dass die Unterdrückung zwar kurzfristig erfolgreich sein mag, aber langfristig den Widerstand nur noch verstärkt.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.