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Unerhörte Liebe

Von

Ist irgend zu erfragen
Ein Schäfer um den Rhein,
Der sehnlich sich beklagen
Muß über Liebespein,
Der wird mir müssen weichen,
Ich weiß sie plagt mich mehr,
Niemand ist mir zu gleichen,
Und liebt er noch so sehr.

Es ist vorbey gegangen
Fast jetzt ein ganzes Jahr,
Daß Eine mich gefangen
Mit Liebe ganz und gar,
Daß sie mir hat genommen
Gedanken, Muth und Sinn,
Ein Jahr ist′s, daß ich kommen
In ihre Liebe bin.

Seitdem bin ich verwirret
Gewesen für und für,
Es haben auch geirret
Die Schaafe neben mir,
Das Feld hab ich verlassen,
Gelebt in Einsamkeit,
Hab alles müssen hassen,
Warum ein Mensch sich freut.

Nichts hab ich können singen,
Als nur ihr klares Licht,
Von ihr hab ich zu klingen
Die Lauten abgericht,
Wie sehr ich sie muß lieben
Und ihre große Zier,
Das hab ich fast geschrieben
An alle Bäume hier.

Kein Trinken und kein Essen,
Ja nichts hat mir behagt,
Ich bin nur stets gesessen,
Und habe mich beklagt:
In diesem schweren Orden
Verändert alles sich,
Die Heerd′ ist mager worden,
Und ich bin nicht mehr ich.

Sie aber hat die Sinnen
Weit von mir abgekehrt,
Ist gar nicht zu gewinnen,
Hat mich noch nie erhört;
Da doch was ich gesungen
Weit in das Land erschallt,
Und auch mein Ton gedrungen
Bis durch den Böhmer Wald.

Die Schaafe, die am Flusse
Im tiefsten Grase stehn,
Sie horchten meinem Gruße,
Sie wollen zu mir gehn;
Es sammelt sich die Menge,
Es winken mir die Fraun,
Doch selbst in dem Gedränge,
Kann ich die Lieb nicht schaun.

Was soll mein Lied erschallen?
Viel lieber bin ich still,
Der Liebsten zu gefallen
Ich einig singen will:
Weil alles sie auf Erden
Allein zusammenhält,
Kann ihre Gunst mir werden,
So hab ich alle Welt.

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Gedicht: Unerhörte Liebe von Achim von Arnim

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Unerhörte Liebe“ von Achim von Arnim ist eine melancholische Klage über unerwiderte Liebe und die damit verbundene Isolation und Verzweiflung. Es zeichnet das Bild eines Schäfers, der von seiner Liebe zu einer unnahbaren Frau gefangen genommen wurde. Der Dichter beschreibt auf eindringliche Weise die tiefgreifenden Auswirkungen dieser unerfüllten Sehnsucht auf sein Leben und seine Umgebung.

In den ersten Strophen wird die Intensität der Liebe des Schäfers deutlich, die alles andere in den Schatten stellt. Er vergleicht seine Liebespein mit der anderer Liebender und beansprucht, dass niemand so sehr leidet wie er. Die Frau, die er liebt, hat ihn völlig vereinnahmt. Er hat sein Leben umgekrempelt und die Verbindung zur Welt um ihn herum verloren. Sein Enthusiasmus und seine Lebensfreude sind durch die Liebe erloschen. Er hat seinen Verstand, seinen Mut und seine Lebensfreude verloren. Seine Liebe ist so allumfassend, dass sie seine Gedanken, seinen Mut und seinen Sinn komplett vereinnahmt hat.

Die folgenden Strophen verdeutlichen die daraus resultierende Isolation und den Verfall. Der Schäfer vernachlässigt seine Pflichten als Schäfer und lebt zurückgezogen in der Einsamkeit. Er hat die Freude an allem verloren, was ihm einst lieb war. Sein Gesang ist auf das Lob seiner unerreichbaren Geliebten reduziert, und er hat seine Umgebung mit Liebeserklärungen beschriftet. Er hat sich von seinen Freunden und seiner Arbeit zurückgezogen. Die Natur, die einst seine Heimat war, spiegelt nun seine Traurigkeit wider. Er hat weder Appetit noch Freude, er ist nur noch ein Schatten seiner selbst.

Besonders bitter ist die Erkenntnis, dass seine Geliebte seine Liebe nicht erwidert, was seinen Schmerz noch verstärkt. Trotz seiner intensiven Gefühle und der weithin hörbaren Lieder, die er zu ihren Ehren singt, bleibt er unerhört. Die Welt scheint sich um ihn zu kümmern, die Schafe, die ihn lieben, die Frauen, die ihn anlächeln, aber er kann sie nicht sehen, da seine ganze Aufmerksamkeit auf seine unerreichbare Liebe gerichtet ist. Das Gedicht wird so zum Spiegelbild einer tiefen, unglücklichen Liebe, die den Liebenden in Leid und Isolation treibt.

Der Schluss des Gedichts bietet einen Hauch von Hoffnung, doch diese ist eng an die Erwiderung der Liebe gebunden. Der Schäfer ist bereit, alles aufzugeben, um die Gunst seiner Geliebten zu gewinnen. Nur ihre Liebe scheint ihm erstrebenswert, und in der Hoffnung, dass sie seine Liebe erhört, drückt er die tiefe Verzweiflung, die seine Existenz kennzeichnet, aus. Die abschließenden Worte des Gedichts deuten darauf hin, dass die ganze Welt und sein eigenes Ich bedeutungslos werden, wenn er die Gunst der Geliebten nicht erlangt, was die tragische Tiefe dieser unerwiderten Liebe verdeutlicht.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.