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Die schwarze Schar

Von

Mit dunklen Tschakos alle und Totenköpfen drauf
Eilten bei Hörnerschalle sie nach dem Zelte zuhauf.
Und ehe sie drinnen waren, rief freudlich der Herzog schon:
»Gegrüßt, ihr schwarzen Husaren! Gegrüßt, meine Rachelegion!«

Die Braven hieß er sich setzen: »Achtsam eu′r Ohr mir geliehn!
Mir sendete diesen Fetzen der Kaiser eben aus Wien;
Mehr liebt er auf Bällen das Tanzen als Waffentanz in der Schlacht;
Drum hat er bei Znaym mit den Franzen jetzt seinen Frieden gemacht.

»Damit ich ihn unterschreibe, schickt er den Wisch mir nun;
Er denkt wohl, mit einem Weibe, wie er eins, hab′ er zu thun;
Doch, daß man Schurke mich heiße, daß Schande mich treffen mag,
Wenn ich das Blatt nicht zerreiße! Da liege, verfluchter Vertrag!«

Er rief′s, und zerrissen stoben umher die Stücke Papier;
Jubelnden Ruf erhoben Gemeiner und Offizier;
Er aber: »Mein Blut fühl′ ich sieden und Glut auf den Wangen mir lohn,
Sobald ich höre von Frieden mit dem Unhold Napoleon.

Den Vater mir hat er erschlagen, mein Braunschweig mir geraubt;
Nicht mochte mein Weib das tragen, früh sank ihr blühendes Haupt;
Dann über dem Grab meiner Lieben sah ich von den Alpen zum Meer,
Von Höllengeistern getrieben, hinjagen sein wütendes Heer.

Wie schreit noch aus Dörfern und Städten zum Himmel um Rache der Brand!
Wie hat dich der Wütrich zertreten, mein deutsches Vaterland!
Wie deine Söhne geschändet, betrogen, verführt, entzweit,
Bis sie einander verblendet würgten im mördrischen Streit!

Deine Fürsten, die stolzen Schildhalter von Kaiser und Reich,
Wie ist ihre Größe geschmolzen, wie ward ihre Ehre so bleich!
Vom fremden Unterdrücker nahmen zu Lehn sie den Thron
Und preisen ihn Weltbeglücker, indes sie zermalmt sein Hohn.

Doch ich will das Haupt nicht bücken, bevor ich es leg′ in die Gruft;
Fort! fort! Sonst wird mich ersticken die deutsche Kerkerluft;
Hindurch uns zu schlagen zum Meere, ihr Freunde, führ′ ich euch an,
Und fall′ ich, so fall′ ich mit Ehre als deutscher Fürst und Mann!«

Also der kühne Welfe; und rings auf sein Aufgebot
Erscholl es: »Daß Gott uns helfe, wir folgen dir bis zum Tod!«
Die Hand ihm zu küssen drängte sich Jäger heran und Husar,
Und hurtig von dannen sprengte der Herzog mit seiner Schar.

Im Sturme vorwärts brausend auf schäumenden Rossen ging′s;
Kaum waren sie ihrer tausend und der Feind unzählbar rings;
Doch ob stärker ums Hundertfache, scheu ließ er sie ziehn fürbaß:
»Weh, weh, das Corps der Rache, die schwarze Legion ist das!«

Stach aber einen der Kitzel, sie zu hemmen auf ihrer Fahrt,
Bald hat er in dem Scharmützel die welfische Kraft gewahrt!
Denen, die heim geblieben, wenn er im Kampf nicht fiel,
Wußt′ er von deutschen Hieben hinfort zu erzählen viel.

»Auf, Halberstadt zu erstürmen!« erschallt′s aus des Herzogs Mund.
Erzspeiend von Mauern und Türmen kracht der Kanonen Schlund;
Aber den Flammen entgegen, die den Tod auf sie sprühn,
Dem zischenden Kugelregen werfen die Schwarzen sich kühn.

Der Führer stürmt, der kecke, den andern voran zum Thor,
Unter ihm sinkt sein Schecke, zu Fuß dann dringt er vor;
Schon ist eine Bresche geschossen, er wirft sich, der erste, hinein:
»Sieg oder Tod, ihr Genossen!« tönt′s durch der Seinen Reihn.

Genommen Wälle und Schanzen, erobert Halberstadt!
Die westfälischen Schranzen senken die Arme matt;
Aus Fenstern wehen Schleier, und jubelnde Bürger streun
Blumen auf den Befreier: »Heil, Enkel Heinrichs des Leun!«

Zum Meer auf offenen Wegen zieht weiter das kleine Heer;
Die Straßen ihm zu verlegen wagen die Welschen nicht mehr;
Nur scheu, wie den Löwen die Füchse, umschleichen sie′s noch fortan;
Als ob jeder zum Riesen wüchse, geht Furcht den Schwarzen voran.

Von Felsen zu ihren Füßen bald sahn sie der Flut Geroll,
Aus dem es wie Freundesgrüßen den Freien entgegen scholl.
»Nun, meine Kampfgesellen, hinweg vom geknechteten Strand
Ueber die freien Wellen ins freie Engelland!

Einst an die Küsten der Väter heimträgt uns der hurtige Kiel;
Ihr Feiglinge und Verräter, verloren dann euer Spiel!
Der Feinde giftiger Heerrauch wird, wo wir nahen, vergehn,
Und Freiheit, ein frischer Meerhauch, hin über Deutschland wehn!«

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Die schwarze Schar von Adolf Friedrich Graf von Schack

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Die schwarze Schar“ von Adolf Friedrich Graf von Schack ist eine balladenhafte Erzählung über den Zorn und die Entschlossenheit eines deutschen Herzogs, der sich gegen die napoleonische Besatzung auflehnt und einen erbitterten Kampf für Freiheit und Ehre führt. Das Gedicht ist durchzogen von Patriotismus, Hass auf den Feind und dem Wunsch nach Rache für erlittenes Unrecht. Es ist ein Zeugnis des deutschen Widerstandsgeistes während der Napoleonischen Kriege.

In der ersten Hälfte des Gedichts wird der Herzog vorgestellt, ein stolzer Welfe, der sich gegen den von Napoleon diktierten Frieden auflehnt. Er zerreißt den Vertrag, der für ihn ein Zeichen der Schande ist, und schwört, sich dem Feind nicht zu unterwerfen. Seine Rede, die von Zorn und Trauer über das Schicksal seines Vaterlandes geprägt ist, entfacht die Begeisterung seiner „schwarzen Husaren“, die bereit sind, ihm bis in den Tod zu folgen. Die „schwarze Schar“ wird so zum Inbegriff des Widerstands.

Der zweite Teil des Gedichts beschreibt die kühnen Heldentaten der „schwarzen Schar“. Sie ziehen in den Kampf, stürmen Halberstadt und besiegen die feindlichen Truppen. Die beschreibenden Passagen sind voller Dynamik und Dramatik, mit dem Kanonendonner, dem zischenden Kugelregen und dem heldenhaften Sturz des Herzogs in die Bresche. Die beschriebenen Ereignisse steigern das Gefühl des Kampfes für die Freiheit.

Das Gedicht endet mit dem triumphierenden Marsch der schwarzen Schar in Richtung Meer, ihrem Ziel, England zu erreichen und von dort aus eine Rückkehr nach Deutschland zu planen. Die Hoffnung auf eine zukünftige Befreiung wird durch die Vision einer freien Zukunft unterstrichen. Der Schlussvers verheißt eine Zeit der Rache für die Verräter und eine Rückkehr der Freiheit, die wie ein frischer Meerhauch über Deutschland wehen soll.

Insgesamt ist „Die schwarze Schar“ ein leidenschaftliches und heldenhaftes Gedicht, das die Emotionen und den Kampfgeist der Menschen in einer Zeit des Krieges und der Unterdrückung einfängt. Durch die dramatische Erzählweise, die starken Bilder und die patriotischen Motive wird ein lebendiges Bild des Widerstands und der Hoffnung auf eine bessere Zukunft gezeichnet.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.