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Bundeslied

Von

Nicht mit Spießen, Mörsern, Stangen
Ziehn wir in den heil’gen Streit;
Mag nach solchen Waffen langen,
Wer nicht bessre hält bereit!

Nicht ist in der Burg von Steine
Uns verschanzt der Heeresbann,
Nein, im Busen drin die seine
Schirmt wohl auch der einz’le Mann.

Dem sorglosen Feind beim Becher
Senden wir nicht Dolch und Gift;
Sonnenstrahl ist unser Rächer,
Weh, wen der ins Herz nicht trifft!

Nicht ein Streit um Landesmarken
Und um irdisch Gut und Blut,
Nein, uns macht zum Kampf erstarken
Ein unsterblich, göttlich Gut!

In dem dunklen Bauch der Berge
Suchet unser Zeughaus nicht,
Denn nicht sind Kobold’ und Zwerge
Lehrer uns in Recht und Pflicht.

Klimmt zu höchsten Bergesspitzen,
Dann vor euch im Sonnenstrahl
Seht ihr golden, silbern blitzen
Unser großes Arsenal.

Lichteswaffen, die kein Meister
Ird’scher Zunft euch schmieden darf,
Und womit der Herr der Geister
Einst die sünd’gen Engel warf;

Bundsgenossen, die entraffen
Uns kein Kerker mag, kein Schwert!
Fielen wir, stehn sie in Waffen
Unserm Recht noch, unversehrt.

Unsre Losung, hört sie schallen
Leis und laut im Lüftezug!
Vorwärts! rauscht der Strom im Wallen,
Vorwärts! dröhnt die Wolk’ im Flug.

Der Gedanke, der uns bündet,
Siegreich schwebt er ob dem All,
Dort als Nordens Licht entzündet,
Hier im Bergschacht als Kristall.

Aus des Vogels Kehle drängt er
Sich als Lied im Lüfteraum,
Und verwandelt wieder hängt er
Dort als Blüthenreis am Baum.

Wie ein süß Geheimniß spendet
Flüsternd ihn der Wiesenbach,
Doch als Donnerpredigt sendet
Ihn der Katarakt euch nach.

Ja der Blitz selbst, nachtentsprungen,
Wenn er durch die Wolken bricht,
Stottert nach mit trunknen Zungen
Gottes Wort: Es werde Licht!

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Bundeslied von Anastasius Grün

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Bundeslied“ von Anastasius Grün ist eine kämpferische Hymne, die einen spirituellen Kampf gegen äußere Feinde und materielle Werte beschreibt. Es zeichnet sich durch eine metaphorische Sprache und die Betonung immaterieller Waffen und Werte aus. Der Autor ruft eine „Bundes“-Gemeinschaft auf, einen Kampf zu führen, der sich von traditionellen militärischen Auseinandersetzungen unterscheidet. Statt Waffen und physischer Gewalt werden geistige Werte, Licht und die Macht des Denkens als Waffen der Auseinandersetzung in den Vordergrund gerückt.

Das Gedicht ist in Strophen gegliedert, die jeweils unterschiedliche Aspekte dieses Kampfes beleuchten. In den ersten Strophen werden traditionelle Kriegsutensilien wie Speere und Mörser abgelehnt. Stattdessen wird betont, dass die wahre Stärke in inneren Werten und dem Zusammenhalt der Gemeinschaft liegt. Der Feind wird nicht mit Dolch und Gift bekämpft, sondern mit Sonnenstrahlen, die metaphorisch für Wahrheit und Aufklärung stehen. Die Botschaft ist klar: Es geht nicht um territoriale oder materielle Interessen, sondern um einen Kampf für ein „unsterblich, göttlich Gut“.

Die Mittel des Kampfes sind immaterieller Natur. In den Strophen, die das „Arsenal“ beschreiben, werden Lichteswaffen genannt, die von irdischen Meistern nicht geschmiedet werden können. Der Autor wählt Bilder aus der Natur, um die Kraft und Allgegenwart der geistigen Waffen zu veranschaulichen. Der „Strom im Wallen“ und die „Wolk’ im Flug“ symbolisieren die Dynamik und Unaufhaltsamkeit dieses Kampfes. Das Gedicht gipfelt in der Feststellung, dass selbst der Blitz Gottes Wort „Es werde Licht!“ nachstottert, was die allumfassende Natur dieses Kampfes verdeutlicht.

Das Gedicht kann als Aufruf zur moralischen und geistigen Erneuerung interpretiert werden, der sich gegen die materialistischen Tendenzen der Zeit richtet. Es betont die Bedeutung von Idealen wie Freiheit, Wahrheit und Einheit als Grundlage für eine starke Gemeinschaft. Die Metaphern aus der Natur und der Bezug auf das Licht verleihen dem Gedicht eine erhebende und spirituelle Qualität, die den Leser dazu anregt, über die Grenzen der physischen Welt hinauszublicken und nach höheren Werten zu streben. Die Verwendung des Begriffs „Bundeslied“ unterstreicht zudem den Gemeinschaftsgedanken und die Verbundenheit derjenigen, die diese Werte teilen und verteidigen.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.