Alltag, Berge & Täler, Einsamkeit, Emotionen & Gefühle, Freiheit & Sehnsucht, Frühling, Gegenwart, Gemeinfrei, Harmonie, Leidenschaft, Zauber
Abseits
Es ist so still; die Heide liegt
Im warmen Mittagssonnenstrahle,
Ein rosenroter Schimmer fliegt
Um ihre alten Gräbermale;
Die Kräuter blühn; der Heideduft
Steigt in die blaue Sommerluft.
Laufkäfer hasten durch’s Gesträuch
In ihren goldnen Panzerröckchen,
Die Bienen hängen Zweig um Zweig
Sich an der Edelheide Glöckchen;
Die Vögel schwirren aus dem Kraut
Die Luft ist voller Lerchenlaut.
Ein halbverfallen‘ niedrig‘ Haus
Steht einsam hier und sennbeschienen
Der Kätner lehnt zur Tür hinaus,
Behaglich blinzelnd nach den Bienen;
Sein Junge auf dem Stein davor
Schnitzt Pfeifen sich aus Kälberrohr.
Kaum zittert durch die Mittagsruh
Ein Schlag der Dorfuhr, der entfernten
Dem Alten fällt die Wimper zu,
Er träumt von seinen Honigernten.
– Kein Klang der aufgeregten Zeit
Drang noch in diese Einsamkeit.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Abseits“ von Theodor Storm schildert eine ländliche, fast idyllehafte Szene, die von Stille und Ruhe geprägt ist. Die erste Strophe beschreibt eine friedliche Landschaft, die von der Sommerhitze durchzogen ist. Die „Heide“ liegt unter dem „warmen Mittagssonnenstrahle“, und der „rosenrote Schimmer“ verleiht der Szenerie eine fast mystische, zeitlose Atmosphäre. Die „alten Gräbermale“ könnten auf eine lange Geschichte hinweisen, in der der Ort viele Generationen von Menschen erlebt hat, was das Gefühl der Beständigkeit verstärkt. Der „Heideduft“ und die blühenden Kräuter vermitteln eine sinnliche Erfahrung der Natur.
In der zweiten Strophe wird das Bild einer lebendigen, aber ruhigen Natur weiter entfaltet. Die „Laufkäfer“ und „Bienen“ sind Teil des sommerlichen Lebens, während die „Vögel“ und „Lerchen“ die Geräusche der ländlichen Umgebung prägen. Diese lebendigen Details verstärken das Gefühl einer unberührten, harmonischen Welt, in der das Leben in Einklang mit der Natur verläuft. Es entsteht der Eindruck eines Ortes, an dem die Zeit stillsteht und die Aktivitäten der Tiere das einzige Geschehen sind.
Die dritte Strophe stellt das Bild eines „halbverfallenen, niedrigen Hauses“ vor, das inmitten dieser idyllischen Landschaft steht. Der „Kätner“ (ein Landwirt) wirkt entspannt und in Harmonie mit seiner Umgebung, während er die Bienen beobachtet. Der Junge, der „Pfeifen sich aus Kälberrohr“ schnitzt, vermittelt den Eindruck einer einfachen, aber zufriedenen Kindheit. Auch hier gibt es eine starke Verbindung zur Natur, was die Schlichtheit und den ländlichen Lebensstil unterstreicht.
Die letzte Strophe bringt das Thema der Zeit zum Ausdruck. Der „Schlag der Dorfuhr“ ist das einzige Geräusch, das die ansonsten stille Szene durchbricht. Das Bild des „Alten“, der in einen friedlichen Schlaf fällt und von „Honigernten“ träumt, verstärkt die Idylle. Die Abwesenheit von „Klang der aufgeregten Zeit“ verweist auf den Kontrast zur hektischen Welt außerhalb dieses abgeschiedenen Ortes. Die Ruhe und das Fehlen von äußeren Einflüssen machen diesen Ort zu einem Zufluchtsort der Unberührtheit und Harmonie.
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Lizenz und Verwendung
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