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Ammen-Uhr

Von

Der Mond, der scheint,
Das Kindlein weint,
Die Glock schlägt zwölf,
Daß Gott doch allen Kranken helf!

Gott alles weiß,
Das Mäuslein beißt,
Die Glock schlägt Ein,
Der Traum spielt auf dem Küssen dein.

Das Nönnchen läut
Zur Mettenzeit,
Die Glock schlägt zwei!
Sie gehn ins Chor in einer Reih.

Der Wind, der weht,
Der Hahn, der kräht,
Die Glock schlägt drei,
Der Fuhrmann hebt sich von der Streu.

Der Gaul, der scharrt,
Die Stallthür knarrt,
Die Glock schlägt vier,
Der Kutscher siebt den Haber schier.

Die Schwalbe lacht,
Die Sonn erwacht,
Die Glock schlägt fünf,
Der Wandrer macht sich auf die Strümpf.

Das Hun gagackt,
Die Ente quackt,
Die Glock schlägt sechs,
Steh auf, steh auf du faule Hex.

Zum Becker lauf,
Ein Wecklein kauf,
Die Glock schlägt sieben,
Die Milch thu an das Feuer schieben.

Thu Butter nein,
Und Zucker fein,
Die Glock schlägt acht,
Geschwind dem Kind die Supp gebracht.

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Gedicht: Ammen-Uhr von Achim von Arnim

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Ammen-Uhr“ von Achim von Arnim ist eine charmante, volksliedhafte Stimmungsbeschreibung, die durch die rhythmische Abfolge von Mondschein, Kindesweinen, Glockenschlägen und Alltagsbeobachtungen den Verlauf einer Nacht und des frühen Morgens schildert. Es entwirft ein idyllisches Bild des Lebens, das eng mit der Natur und den traditionellen Rhythmen des Tages verbunden ist. Die zentrale Metapher ist die sich wiederholende Glocke, die als Taktgeber des Geschehens fungiert und jedem Strophenabschnitt seine spezifische Atmosphäre verleiht.

Jede der acht Strophen stellt eine Szene dar, die durch die entsprechende Uhrzeit markiert wird. So beginnt die Nacht mit dem Mondschein und dem Weinen des Kindes um Mitternacht, gefolgt von Träumen und religiösen Ritualen. Der Tagesanbruch wird durch den krähenden Hahn und das Erwachen der Natur eingeläutet. Die im Laufe des Gedichts beschriebenen Tätigkeiten, wie das Beißen des Mäusleins, die Vorbereitung des Essens und die Arbeit des Fuhrmanns und des Kutschers, lassen eine Welt erkennen, die geprägt ist von einfachen, alltäglichen Verrichtungen und den sich wiederholenden Zyklen von Nacht und Tag.

Die Sprache des Gedichts ist einfach und direkt, was die Nähe zum Volksliedcharakter unterstreicht. Die Verwendung von Reimen und die klaren, kurzen Verse erleichtern die Lesbarkeit und verstärken den melodischen Klang. Durch die detaillierte Beschreibung der verschiedenen Handlungen und Geräusche, wie das Krähen des Hahns, das Knarren der Stalltür oder das Gackern der Hühner, wird eine lebendige und realistische Welt erschaffen, die den Leser in das Geschehen eintauchen lässt. Die Anrede „Steh auf, steh auf du faule Hex“ verleiht dem Gedicht eine spielerische Note und zeugt von einer humorvollen Beobachtungsgabe.

Die wahre Stärke des Gedichts liegt in seiner Fähigkeit, eine ruhige und beschauliche Atmosphäre zu erzeugen. Es fängt die Schönheit des Alltags ein und vermittelt ein Gefühl von Geborgenheit und Vertrautheit. Durch die stete Wiederholung der Glockenschläge wird der Leser durch die verschiedenen Tageszeiten geführt und in einen Kreislauf der Ruhe und Aktivität eingebunden. Letztendlich ist „Ammen-Uhr“ ein Loblied auf das einfache Leben und die unaufgeregte Ordnung des Tagesablaufs.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.