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Ach wenn sie das Rössel doch langsam gehn liessen

Von

Schlimm Leut sind Studenten, man sagts überall,
Obwohl sie schon kommen im Jahr nur einmal,
So machens ins Dorf so viel Unruh und Mist,
Daß uns die erste Woche schon weh dabey ist.

Wir müssen nur sorgen auf Mariengeburt,
Es wünscht auch ein jeder, daß Galli bald wird,
Da kommens mit Degen und Büchsen daher,
Und machen im Dorfe ein jämmerlich Gescher.

Nichts ist vor ihnen sicher, kein Henne, kein Taube,
Als wärens erschaffen zum Plündern und Raube,
Darf ihnen kein Gans auf die Wiesen naus trauen,
Studenten thun ihr gleich den Kragen weghauen.

Sind Gärten mit Brettern und Riegeln umzäunt,
So thun sies zerbrechen, daß die Sonne durchscheint,
Sie steigen um die Äpfel, zerreissen die Bäum,
Wär zufrieden, trüg jeder nur ein Tasche voll heim.

Mit Feuer und Pulver sinds gar sehr gefähr,
Daß oft eim sein Häusel verbrennet gar wär,
Lassen pulverne Fröschle einem hupfen aufs Dach,
Wenns brennet, so fragens kein Teufel danach.

Hat einer beym Häusel ein wachbaren Hund,
Der sonst von der Kette nicht abkommen kunt,
Sie lassen ihn laufen, es wär ja nicht noth,
»Potz Hagel da schießt′s ja!« der Pudel ist todt.

Studenten im Wirthshaus, sinds aus der Weis frisch,
Sie brauchen allein ein großmächtigen Tisch,
Sie saufen und schreien als g′hört das Haus ihn′n,
Und saufen und schreien sich blitzblau und grün.

Bald redens lapodeinisch, ich kanns nicht verstehn,
Doch ists leicht zu rathen, auf uns muß es gehn,
Bald tanzens und springens und hupfens am Fleck,
Und nehmen den Knechten den Tanzboden weg.

Und schmissen die Knecht sie auch alle heraus,
So laufens wie die Mäus auf die Strassen hinaus,
Und machen ein Haufen und grausam Gefecht,
Und hauen und stechen und schreien erst recht.

Ziehn naus auf die Felder und geben kein Fried,
Ist grad wie ein Wetter, so spielens damit,
Da tretens die Aecker, verstehn nicht was ′s ist,
Wenn einer schwarz Brod um sein Handarbeit frißt.

Sind Roß auf der Weide, und rasten ein Weil,
So nehmens Studenten, es ist gar ein Gräul,
Und hauens in die Seiten mit allbeiden Füssen:
Ach wenn sie das Rössel doch langsam gehn liessen!

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Gedicht: Ach wenn sie das Rössel doch langsam gehn liessen von Achim von Arnim

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Ach wenn sie das Rössel doch langsam gehn liessen“ von Achim von Arnim ist eine bissige Satire auf das Verhalten von Studenten im ländlichen Raum. Es zeichnet ein Bild von Studenten als einer Gruppe, die sich ungezogen, destruktiv und rücksichtslos gegenüber den Bewohnern und der Umwelt des Dorfes verhält. Die Verse sind im Volksliedton gehalten, was den Eindruck von Authentizität und Vertrautheit verstärkt, aber gleichzeitig die Überzeichnung und Übertreibung der dargestellten Szenen unterstreicht.

Die Studenten werden als Störenfriede beschrieben, die das Dorfleben durcheinanderbringen. Sie sind für Lärm, Zerstörung und Diebstahl verantwortlich, was durch eine Reihe von Beispielen veranschaulicht wird: Sie stehlen Geflügel, zerstören Gärten, zünden Feuer an, töten Hunde und randalieren in Gaststätten. Die Beschreibungen sind oft übertrieben und karikaturartig, was die Kritik an den Studenten zusätzlich verstärkt. Die Sprache ist einfach und direkt, wodurch die Absicht des Autors, das Verhalten der Studenten zu verurteilen, unmissverständlich wird.

Das Gedicht ist nicht nur eine Kritik an den Studenten, sondern auch eine humorvolle Darstellung der Reaktion der Dorfbewohner auf ihr Verhalten. Die Dorfbewohner scheinen machtlos und hilflos gegenüber den Studenten zu sein, was in dem hilflosen Wunsch des lyrischen Ichs „Ach wenn sie das Rössel doch langsam gehn liessen!“ zum Ausdruck kommt. Dieses Flehen, das sich auf die rohe Behandlung der Pferde bezieht, symbolisiert die Ohnmacht und den Wunsch nach Ruhe und Frieden.

Die Studenten verkörpern in diesem Gedicht eine Form der gesellschaftlichen Unordnung und des Chaos. Sie repräsentieren die Zerstörung der traditionellen Ordnung und die Überschreitung von Grenzen. Ihre scheinbare Rücksichtslosigkeit und die mangelnde Achtung vor Eigentum und Leben stehen im krassen Gegensatz zu den Werten der Dorfgemeinschaft. Das Gedicht ist somit nicht nur eine Satire auf das Verhalten von Studenten, sondern auch eine Auseinandersetzung mit den Spannungen zwischen verschiedenen sozialen Gruppen und Lebensweisen.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.