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Abendsegen

Von

Mündlich.

Der Tag hat seinen Schmuck auf heute weggethan,
Es ziehet nun die Nacht die braunen Kleider an;
Und deckt die Welt in angenehmer Ruh
Mit ihren Schatten zu.

Wohlan ich suche nun auch meine Lagerstadt,
Worauf der müde Leib sich zu erquicken hat;
Und wo der Geist geruhig und vergnügt
In süßer Stille liegt.

Ein gut Gewissen wird mein Abendsegen seyn,
Die Unschuld machet mich von aller Falschheit rein,
Mein Herz ist treu, wer anders von mir spricht.
Der kennet mich noch nicht.

So kleide dich nun aus, mein ungebundner Sinn,
Durch dich leg ich vergnügt die Sorgenkleider hin;
Die Brust ist frey, die Kummer und Verdruß
Bei andern quälen muß.

Ein froh Gemüthe soll mein saubres Nachtzeug seyn,
In solchen schlaf ich sanft und ohne Schwermuth ein;
Und machte mir auch was Melancholey,
So schwebt sie doch vorbey.

Der Himmel wacht bei mir, sein Auge das mich kennt,
Muß mir die Lampe seyn, die mir zum Troste brennt;
Und weil das Oel der Gnade nie gebricht,
Ach so verlöscht sie nicht.

Die süßre Hoffnung ist auf meinen Dienst bereit,
Die lauter Rosen mir zum Ruhebette streut;
Und die Geduld deckt mich mit Myrthen zu,
So schön ist meine Ruh.

Zum Schlafgesellen nehm ich die Vergnügung an,
Die drück ich an mein Herz, so fest ich immer kann,
Man schläft, wenn so ein Schaz in Armen liegt,
Unmöglich mißvergnügt.

Und treibt ihr Träume ja ein Sinnenspiel mit mir,
So stellt in süßer Ruh mir meine Freundinn für;
Vielleicht wird das, was jetzt ein Schatten ist,
Noch in der That geküßt.

Nun dir befehl ich mich, du angenehme Nacht,
Und wenn das Morgengold am frühen Himmel lacht,
So werde doch dem Herzen das geschenkt,
Worauf es schlafend denkt.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Abendsegen von Achim von Arnim

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Abendsegen“ von Achim von Arnim ist eine poetische Reflexion über den Übergang vom Tag zur Nacht und die damit verbundene Suche nach innerem Frieden und Trost. Es ist ein zutiefst persönlicher, an einen Zuhörer gerichteter Monolog, der die Vorbereitung auf den Schlaf als eine Art spirituelle Reinigung und einen Moment der Selbstbesinnung darstellt. Das Gedicht ist geprägt von einer tiefen Sehnsucht nach Unbeschwertheit, Reinheit und der Hoffnung auf eine friedliche Nachtruhe.

Arnim verwendet eine Reihe von Metaphern und Bildern, um die innere Einkehr zu beschreiben. Der „müde Leib“ sucht nach Ruhe, während der Geist in „süßer Stille“ Erholung findet. Das „gut Gewissen“ wird zum Abendsegen, die Unschuld reinigt von aller Falschheit. Der Dichter entledigt sich der „Sorgenkleider“ und kleidet sich in ein „froh Gemüthe“. Diese Bilder zeigen eine bewusste Distanzierung von den Belastungen des Tages und einen aktiven Prozess der Vorbereitung auf den Schlaf. Die Metaphern verdeutlichen, wie der Dichter seinen Gemütszustand in den Einklang mit der friedlichen Nacht bringen möchte.

Ein zentrales Element des Gedichts ist die Hoffnung auf eine göttliche Gnade und Führung. Der Himmel wacht über dem lyrischen Ich, sein „Auge“ ist wie eine Lampe, die Trost spendet. Die „Gnade“ des Himmels, metaphorisch als Öl dargestellt, erlischt nie. Die „süßre Hoffnung“ und die „Geduld“ werden zu liebevollen Begleitern, die dem Dichter ein Ruhebett bereiten und ihn zudecken. Diese Bilder von göttlichem Schutz und Geborgenheit verleihen dem Gedicht eine tiefe religiöse Dimension und zeigen das Vertrauen des Dichters in eine höhere Macht.

Das Gedicht schließt mit einer zarten Hoffnung auf die Erfüllung im Traum. Die „Vergnügung“ wird zum Schlafgesellen, die Sehnsucht nach der Geliebten führt zu einem Traumbild. Der Dichter hofft, dass der Traum, „was jetzt ein Schatten ist“, in Wirklichkeit geküsst werden kann. Dieses letzte Bild, das die Grenze zwischen Traum und Realität verschwimmen lässt, verleiht dem Gedicht eine romantische Note und unterstreicht die Sehnsucht nach Liebe und Glück. Es drückt die Hoffnung aus, dass die Nacht nicht nur Ruhe, sondern auch die Möglichkeit der Erfüllung bereithält. Insgesamt ist „Abendsegen“ ein liebevolles Gedicht über die Nacht, die Reinheit und die Hoffnung.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.