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Archipelagus der Liebe

Von

Es glüht das Meer, endlos vor mir gebreitet,
Wie die Erinnerung an ros’gen Mai,
Und jenes Segel, das darüber gleitet,
Mich dünkt’s, als ob mein eignes Herz es sei.

Du unstät Fahrzeug dort, das schwank und irre
Fern durch die Wogen steuert hin und her,
Wer sagt mir wohl, wohin dein Segel schwirre
In diesem weiten, inselreichen Meer?

Welch Eiland einst dein Port aus all den blauen,
Zerstreut im Spiegel abendrother Gluth,
Wie Häupter holder Jungfrau’n anzuschauen
Auftauchend aus dem Bade lauer Fluth?

Ob dieses hier, auf dessen Flur von Rosen
Der Abend jetzt auch seine Rosen streut,
Daß Himmelsblüthen mit den ird’schen kosen,
Und Erd’ und Himmel glühn im Blumenstreit?

Ob jenes dort, so stolz die Stirne tragend,
Wenn Morgenroth drauf seinen Kuß gepreßt,
Doch dessen goldner Felsenwall, hochragend,
Den Kahn der Sehnsucht nimmer landen läßt?

Ob jene Insel, die, daß sanft es lande,
Manch Schifflein lockt, und lieblich anzusehn,
Wenn Mondenglanz sich gießt auf ihre Strande
Und goldne Stern’ in Meer und Aether stehn?

Ob es die blondgelockte, deren Felder
In üpp’ger Saat hinfluthen helles Gold?
Die schwarzgelockte, der ein Kranz der Wälder
Wie lindes Haar reich um die Schultern rollt?

Wer sagt es mir, wohin dieß Segel schwirre,
Und ob’s ein Schiff auch, was dort treibt umher?
Ob’s nicht vielleicht mein Herz, das schwanke, irre,
Durchschiffend der Erinn’rung blaues Meer?

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Gedicht: Archipelagus der Liebe von Anastasius Grün

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Archipelagus der Liebe“ von Anastasius Grün entfaltet eine Metaphorik, in der das Meer als Chiffre für die Erinnerung und die Liebe dient. Das Segel, das über das Meer gleitet, wird mit dem eigenen Herzen des Sprechers gleichgesetzt, was eine starke Identifikation mit der Reise und den damit verbundenen Gefühlen erzeugt. Die Unbestimmtheit der Reise und die Frage nach dem Ziel des Segels spiegeln die Unsicherheit und das Suchen nach dem richtigen Weg in der Liebe wider.

Die zweite Strophe vertieft die Fragen nach dem Ziel der Reise. Der Sprecher fragt nach dem Hafen, den das Segel ansteuern wird, und vergleicht die Inseln mit den „Häuptern holder Jungfrau’n“, die aus dem Meer auftauchen. Diese Metapher deutet auf die Schönheit und die Verlockung der Liebe hin, aber auch auf die Ungewissheit und die Vielzahl der Möglichkeiten, die in der Suche nach der wahren Liebe bestehen. Das „inselreiche Meer“ symbolisiert somit das komplexe Feld der Beziehungen und die verschiedenen Facetten der Liebe.

Die folgenden Strophen untersuchen verschiedene Inseln als mögliche Ziele der Sehnsucht. Jede Insel repräsentiert eine andere Art von Liebe oder eine andere Art von geliebter Person. Da werden die Inseln verglichen, die mit Blumen bedeckt sind, stolz und unerreichbar sind, sanft und romantisch wirken, oder durch ihre goldene Pracht bestechen. Durch diese Aufzählung werden verschiedene Facetten der Liebe erforscht, von der Idylle bis zur unerreichbaren Sehnsucht. Die Suche nach dem richtigen Ziel spiegelt das Ringen nach der richtigen Entscheidung wider.

Die abschließende Strophe kehrt zur ursprünglichen Frage zurück: Wohin segelt das Herz? Der Sprecher hinterfragt die eigentliche Natur der Reise und stellt die Existenz eines realen Schiffs in Frage. Die letzte Zeile, „Durchschiffend der Erinn’rung blaues Meer?“, suggeriert, dass die Reise des Segels nicht nur eine Suche nach Liebe, sondern auch eine Reise durch die Erinnerungen an vergangene Lieben ist. Das Gedicht endet mit einer Reflexion über die eigene innere Welt und die Suche nach Orientierung in der Komplexität der menschlichen Gefühle.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.