Logo der Website, Schriftzug "Poesie Oase" mit Palmen umrandet.
, , , , , , , , ,

Antworten

Von

»Dichter, bleib’ bei deinen Blumen! Nicht an Thronen frech gemeistert! –
Wenn dich mehr als Blumenkronen eines Fürsten Kron’ begeistert,
Feire, wie’s so manch’ bescheidner, vaterländ’scher Sänger thut,
Hohe Fest- und Namenstage, huldigend mit Sangesgluth!«

Hohn bedünkt es mich, den Fürsten sonst zum Ruhme nichts zu singen,
Als daß sie geboren wurden, und auch Namen gar empfingen!
Buben mögen solches rühmen! Aber schweigen laßt mein Lied,
Bis es große Thaten ragen, Licht und Freiheit strahlen sieht!

»Wie du doch so unerträglich! Freiheit stets, und Freiheit wieder!
Stets dasselbe Liedlein leiernd! Kennst du sonst denn keine Lieder?
Willst du winseln nur und klagen, nimm dir doch ein andres Ziel!
Suche andre Stoff’ und Weisen, in der Welt ist Jammers viel!«

Soll ich unser Land wohl schmähen? O kein schön’res find’ ich wieder!
Soll ich unser Volk verlästern? Das ist treu und gut und bieder!
Einen Fehl nur haben beide: daß die Freiheit ihnen fehlt,
Drob das Herz nur eine Klage, nur ein Lied den Mund beseelt!

»Ei, dein Schmerz sei dir gelassen! Doch was störest du die Andern,
Die zu euren schönen Bergen, duft’gen Wäldern fröhlich wandern,
An der reifen Saat sich freuend, labend sich am goldnen Wein?
Was in ihren Jubel rasselst du mit unsern Ketten drein?«

Eben weil in solchem Jubel, zwischen solchem Blüthenleben,
Zwischen goldner Saaten Säuseln, zwischen Kränzen duft’ger Reben,
Unter Bäumen grün und laubig, unter Lerchen leichtbeschwingt,
Das Gerassel arger Ketten gar so wunderschaurig klingt!

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Antworten von Anastasius Grün

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Antworten“ von Anastasius Grün ist eine poetische Auseinandersetzung mit der Rolle des Dichters in einer von Zensur und politischer Unterdrückung geprägten Gesellschaft. Es reflektiert die Spannung zwischen dem Wunsch nach unbeschwerter Idylle und der Notwendigkeit, sich für Freiheit und Gerechtigkeit einzusetzen. Das Gedicht nimmt die Form eines Dialogs an, in dem der Dichter sich mit verschiedenen Einwänden und Vorwürfen konfrontiert, die seinen Fokus auf politische Themen kritisieren.

Die ersten beiden Strophen stellen die anfänglichen Vorwürfe dar. Der Dichter wird aufgefordert, sich auf harmlose Themen wie Blumen und Lobgesänge auf Fürsten zu konzentrieren, statt sich mit politischen Themen zu beschäftigen. Die Ablehnung des Dichters, nur „Fest- und Namenstage“ zu feiern, deutet auf eine tiefe Überzeugung hin, dass wahre Kunst und dichterisches Schaffen mehr verlangen. Er sehnt sich nach „großen Thaten“ und dem Erstrahlen von „Licht und Freiheit“, was auf seine Sehnsucht nach einer besseren Gesellschaft hindeutet.

Die folgenden Strophen setzen den Dialog fort, indem sie weitere Einwände artikulieren, darunter die Forderung nach Abwechslung in seinen Themen und die Kritik an seiner scheinbar ewigen Klage über Freiheit. Die Antworten des Dichters zeigen jedoch eine unbeirrbare Hingabe an seine Überzeugungen. Er weigert sich, sein Land zu verunglimpfen oder sein Volk zu verlästern, da er es als „treu und gut und bieder“ wahrnimmt. Seine Kritik richtet sich einzig und allein gegen das Fehlen von Freiheit, das er als Ursache für die „Klage“ und das „Lied“ seines Mundes sieht.

Die letzte Strophe offenbart die tiefe Ironie und das tragische Bewusstsein des Dichters. Er erkennt die Idylle, die Schönheit und den Jubel derer, die sich in der scheinbar unbeschwerten Welt verlieren. Doch gerade in diesem idyllischen Kontext, inmitten von „Blüthenleben“, „goldner Saaten Säuseln“ und „Kränzen duft’ger Reben“, wird das „Gerassel arger Ketten“ für ihn umso deutlicher und erschreckender wahrnehmbar. Die Widerspiegelung des politischen Leids inmitten der Natur macht die Verzweiflung und das Engagement des Dichters noch deutlicher. Das Gedicht ist somit ein leidenschaftliches Plädoyer für die Freiheit und ein Ausdruck des Schmerzes über deren Fehlen.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.