Landschaft
Wie alte Knochen liegen in dem Topf
Des Mittags die verfluchten Straßen da.
Schon lange ist es her, daß ich dich sah.
Ein Junge zupft ein Mädchen an dem Zopf.
Und ein paar Hunde sielen sich im Dreck.
Ich ginge gerne Arm in Arm mit dir.
Der Himmel ist ein graues Packpapier,
Auf dem die Sonne klebt – ein Butterfleck.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Landschaft“ von Alfred Lichtenstein entwirft ein beklemmendes Bild einer trostlosen, entfremdeten Umgebung. Der Autor, ein wichtiger Vertreter des Expressionismus, nutzt dabei eine Sprache, die von Brüchen, Unstimmigkeiten und der Reduktion auf das Wesentliche geprägt ist. Die beschriebene Landschaft wirkt verlassen und die Strophen erzeugen ein Gefühl der Leere und Hoffnungslosigkeit.
Die erste Strophe etabliert mit dem Bild der „alten Knochen“ und der „verfluchten Straßen“ eine morbide und negative Atmosphäre. Die Metapher der „Knochen“ deutet auf Verfall und Tod hin, während die „verfluchten Straßen“ die Tristesse der Umgebung unterstreichen. Die Erinnerung an die verlorene Liebe, „Schon lange ist es her, daß ich dich sah“, verstärkt das Gefühl der Isolation und des Verlustes. Das kindliche Spiel des „Jungen“ mit dem „Mädchen“ am Ende der Strophe wirkt fehl am Platz und unterstreicht die Entfremdung.
In der zweiten Strophe werden die Elemente der Trostlosigkeit durch die Szene der „Hunde“ im „Dreck“ und die Sehnsucht nach der Geliebten verstärkt. Die Aussage „Ich ginge gerne Arm in Arm mit dir“ steht im deutlichen Kontrast zur Umwelt, was die Sehnsucht des lyrischen Ichs nach Nähe und Geborgenheit betont. Die Metapher des „grauen Packpapiers“ für den Himmel und der „Butterfleck“ für die Sonne verleihen dem Bild eine beklemmende Monotonie, die die Hoffnungslosigkeit der Situation unterstreicht.
Lichtenstein reduziert in diesem Gedicht die poetischen Mittel auf das Wesentliche, um die beklemmende Atmosphäre zu erzeugen. Die Sprache ist direkt und unverblümt, ohne jegliche Romantik oder Verschönerung. Dies verstärkt den Eindruck der Trostlosigkeit und spiegelt die expressionistische Sichtweise wider, die oft von den Erfahrungen des Krieges, der Isolation und der Entfremdung geprägt war. Das Gedicht offenbart somit nicht nur eine äußere Landschaft, sondern auch die innere Welt des lyrischen Ichs, die von Sehnsucht, Verlust und Hoffnungslosigkeit geprägt ist.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.