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Der Sennerin Heimkehr

Von

Es blinken die Alpenzinnen
In Eis schon silbern ganz,
Der Herbst entlaubt im Thale
Der Bäume grünen Kranz.

Ums Dörflein dort am Hange
Grünt noch die Wiese fort,
Doch auf der Wiese die Blumen
Sind alle schon verdorrt.

Horch, was erklingt vom Berge
Wie voller Glockenklang?
Was tönt zum Thale nieder
Wie süßer Brautgesang?

Das ist mit ihrer Heerde
Die junge Sennerin,
Die von den Alpen nieder
Zur Heimat wallt dahin.

Die schönste ihrer Kühe
Mit hellem Glockenlaut,
Voran mit frischem Kranze,
Geschmückt wie eine Braut.

Rings um sie hüpft so fröhlich
Die ganze Heerde drein,
Wie treue Jugendgenossen,
Die sich des Tages freun.

Der schwarze Stier den Festzug
Als würdiger Pater führt;
Er schreitet hin bedächtlich,
Wie’s solchem Herrn gebührt.

Und vor dem ersten Hause
Jauchzt dreimal hell die Maid,
Daß laut es gellt durchs Dörflein,
Durch Thal und Alpen weit!

Die Mütterlein und Dirnen
Sind flink herbeigerannt,
Die Sennerin drückt Allen
So warm und treu die Hand:

»Viel Grüße, schöne, frische,
Von grünen Alpenhöhn!
Wie lange, ach, wie lange,
Daß wir uns nicht gesehn!

Den ganzen langen Sommer
Saß ich so ganz allein
Mit Heerden und mit Blümlein,
Mit Sonn’ und Mondenschein!«

Sie grüßt die Burschen alle
Mit heit’rem Angesicht,
Nur einen, und den schönsten,
Den grüßt sie eben nicht.

Nicht scheint es ihn zu grämen,
Und lächelnd läßt er’s geschehn!
Er hat wohl auch die Schöne
So lange nicht gesehn?

Er trägt ein grünes Hütlein
Umsäumt von Rosen dicht.
Ei, solche Alpenrosen,
Im Thale blühn sie nicht!

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Der Sennerin Heimkehr von Anastasius Grün

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Sennerin Heimkehr“ von Anastasius Grün beschreibt die freudige Rückkehr einer Sennerin von der Alm ins Tal, eingebettet in eine malerische Herbstlandschaft. Die Natur spielt eine zentrale Rolle, indem sie sowohl die Jahreszeit als auch die Atmosphäre des Gedichts prägt. Die Alpenzinnen glänzen silbern im Eis, während im Tal bereits der Herbst Einzug gehalten hat. Die Beschreibung der Natur dient nicht nur als Kulisse, sondern verstärkt auch die Sehnsucht nach Heimat und die Freude über die Heimkehr.

Die Sennerin wird durch das Bild der jungen, fröhlichen Frau charakterisiert, die von ihrer Herde begleitet wird. Die Kühe, besonders die schönste mit einem Kranz geschmückt, erinnern an einen festlichen Zug, der die Freude über die Heimkehr symbolisiert. Auch die anderen Dorfbewohner, wie die Mütter und Dirnen, nehmen an dem Empfang teil und heißen die Sennerin mit offenen Armen willkommen. Diese Szene unterstreicht die Bedeutung von Gemeinschaft und die Verbundenheit mit der Heimat. Das „Jauchzen“ am ersten Haus und die herzliche Begrüßung der Dorfbewohner verstärken die Festlichkeit des Ereignisses.

Ein interessantes Element des Gedichts ist die subtile Andeutung einer möglichen Romanze. Während die Sennerin alle Burschen mit einem „heit’ren Angesicht“ begrüßt, wird einer, der schönste, nicht explizit gegrüßt. Dies deutet auf eine tiefere, möglicherweise romantische Verbindung hin. Die Beschreibung des Mannes mit dem grünen Hütlein, umgeben von Alpenrosen, die im Tal nicht blühen, unterstreicht seine Besonderheit und die Verbindung zur Bergwelt, aus der die Sennerin kommt.

Das Gedicht ist eine Hommage an die Natur, die Gemeinschaft und die Sehnsucht nach Heimat. Es fängt die Freude über die Rückkehr in das Tal ein und deutet gleichzeitig eine mögliche Liebesgeschichte an. Der Autor verwendet eine einfache, bildreiche Sprache, um eine idyllische Szene zu schaffen, die den Leser in die Alpenwelt eintauchen lässt. Die Harmonie zwischen Mensch und Natur, die Freude über die Wiedervereinigung und die Andeutung von Liebe machen dieses Gedicht zu einem schönen und berührenden Werk.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.