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Der eiserne Mann

Von

Der Sieger, ganz in Eisen,
Tritt ins ersiegte Land,
Er will noch lang ihm weisen
Die harte, eh’rne Hand.

Geharnischt ist der Wilde
Bis an die Zähne schier,
Mit Schienen, Helm und Schilde,
Mit Panzer und Visir.

Den breiten scharfen Degen
Fest um den Leib geschnallt,
So wallt in Blüthengehägen
Die starre Schreckgestalt.

Es rasseln die Erzgewande,
Wo Quell und Lerche singt,
Und Eisen bringt er dem Lande,
Das goldnen Segen ihm bringt;

Das ihm nun tritt entgegen
Im grünen Frühlingskleid,
Das rings auf seinen Wegen
Ihm Blumen aufgestreut.

Er hebt im Stahlgewande
Den Kelch mit Wein gefüllt,
Der ringsherum im Lande
Von sonn’gen Hügeln quillt;

Er tränke gern vom reinen,
Da hemmt ihn sein Visir,
Ein Mundkorb will’s ihm scheinen;
Da löst er die läst’ge Zier.

Er steht im Kleid von Eisen,
Wo Tanzmusik erklingt
Und in des Landes Weisen
Jedwede Sohle beschwingt;

Auch ihn will’s drehn und regen,
Doch zwischen die Beine schlägt
Ihm rasselnd der lange Degen,
Bis er zur Seit’ ihn legt.

Er drückt im Stahlgewande
Ans Herz die schönste Maid,
Wie manche hier im Lande
Der Rosen und Reben gedeiht;

Er wünscht, auch sie empfände
Des Herzens Schlag und Brand;
Da schnallt er vom Leibe behende
Des Panzers Scheidewand.

Und zwischen Viol’ und Rose
Legt Nachts er sich zur Rast,
Weich sind des Lagers Moose,
Hart seiner Rüstung Last;

Was ihm an Arm und Hüften
Noch blieb von Erz zurück,
Er will’s vom Leib sich lüften,
Er löst es Stück für Stück.

O Wunder um die Wette,
Die drauf der Morgen erhellt:
Den Sieger fesselt die Kette,
Entwaffnet ist der Held!

Da liegt er auf Blumen gebettet,
Womit das Land sich schmückt,
Von Rebguirlanden gekettet,
Von Rosenfesseln umstrickt!

Und wie durchs Kerkergitter
Durch grünes Astwerk dicht,
Blickt der gefang’ne Ritter
Zum Himmel, frei und licht!

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Der eiserne Mann von Anastasius Grün

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der eiserne Mann“ von Anastasius Grün beschreibt die Transformation eines Eroberers von einem gepanzerten, kalten Krieger zu einer Person, die von der Schönheit und Anmut der eroberten Welt überwältigt wird und letztendlich von dieser gefangen genommen wird. Der Dichter nutzt das Bild des Eisernen Mannes, um die Themen Macht, Unterdrückung, die Unfähigkeit, Schönheit wahrzunehmen, und die letztendliche Befreiung durch die Natur und die menschliche Erfahrung zu erforschen.

Das Gedicht beginnt mit der Darstellung des Eisernen Mannes als einer kriegerischen Figur, die mit eisernen Waffen in das besiegte Land einmarschiert. Die Betonung von Eisen, Rüstung und Waffen symbolisiert Macht, Strenge und die Fähigkeit zur Zerstörung. Er scheint nicht imstande zu sein, die Schönheit und das Glück zu genießen, die ihm das Land bietet, wie die Blumen, die Musik und die Schönheit der Natur. Die Unfähigkeit des Mannes, den Wein zu genießen oder mit der Maid zu tanzen, verdeutlicht seine Unfähigkeit, die Freuden des Lebens zu erfahren, solange er sich in seinen eisernen Ketten befindet.

Im weiteren Verlauf des Gedichts wandelt sich der eiserne Mann. Er versucht, sich von seinem Panzer zu befreien, um die Welt um ihn herum zu erleben. Er beginnt, seine Rüstung abzulegen, Stück für Stück, während er sich der Reize des Landes öffnet. Durch die Absetzung der Rüstung versucht er, sich von der Macht und Strenge zu befreien und der Schönheit der Natur und der menschlichen Verbindung zu nähern. In dem Moment, in dem er sich von seiner Rüstung befreit, wird er jedoch von dem, was er zu unterdrücken versucht hat, gefangen genommen.

Das Gedicht erreicht seinen Höhepunkt mit der Enthüllung des Eisernen Mannes, der von Blumen, Rebengirlanden und Rosen gefesselt ist. Er ist jetzt ein Gefangener der Schönheit, die er zuvor zu beherrschen versuchte. Durch die Entfesselung wird er paradoxerweise gefangen. Der letzte Vers des Gedichts zeigt den gefangenen Ritter, der durch die Gitter eines Kerkers zum Himmel blickt, ein Bild von Freiheit und Licht. Diese Freiheit symbolisiert das Verständnis der Schönheit und des Wertes der Welt, die er zuvor nicht erkennen konnte, sowie die Erkenntnis, dass wahre Stärke nicht in Strenge, sondern in Offenheit und Empathie liegt.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.