Die Sclaven-Emancipation
Lob und Heil, ihr großen Mächte,
Jubelnd euch gesungen sei,
Daß ihr ehrtet Menschenrechte,
Und die Sclaven machtet frei!
Und warum sie’s nicht schon waren
Lange, das ist Einerlei!
Jetzt, nach wen’gen hundert Jahren,
Sind die schwarzen Sclaven frei.
O wie glücklich ist’s auf Erden!
Völker, singt Juchhei, Juchhei!
Wenn’s die weißen nun noch werden,
Dann sind alle Sclaven frei!
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Die Sclaven-Emancipation“ von Adolf Glaßbrenner ist eine beißende Satire auf die Abschaffung der Sklaverei. Es beginnt mit pathetischen Lobpreisungen und Jubelgesängen auf die „großen Mächte“, die die Menschenrechte geehrt und die Sklaven befreit haben. Diese überschwänglichen Worte wirken angesichts des eigentlichen Themas, der Sklaverei, und der Umstände ihrer Beendigung, zynisch. Die Verwendung von Ausrufen wie „Lob und Heil“ und „Jubelnd euch gesungen sei“ unterstreicht diese Ironie, indem sie die übliche Sprache der Lobpreisung und Verehrung benutzt, um eine Realität zu beschreiben, die alles andere als ideal ist.
Der zweite Abschnitt des Gedichts verstärkt die Kritik noch. Die rhetorische Frage „Und warum sie’s nicht schon waren / Lange, das ist Einerlei!“ deutet auf die lange Verzögerung der Abschaffung der Sklaverei hin und macht die scheinbare Großzügigkeit der Machthaber unglaubwürdig. Der Kommentar „Jetzt, nach wen’gen hundert Jahren, / Sind die schwarzen Sclaven frei“ unterstreicht die immense Zeitspanne, die notwendig war, um diese grundlegende Ungerechtigkeit zu beenden. Die Formulierung „wen’gen hundert Jahren“ ist hierbei fast schon zynisch, denn die Freiheit wurde erst nach Jahrhunderten des Leids gewährt.
Die letzte Strophe ist der Höhepunkt der Satire. Der Ausruf „O wie glücklich ist’s auf Erden! / Völker, singt Juchhei, Juchhei!“ wirkt angesichts der Realität, die durch die vorherigen Strophen angedeutet wurde, extrem übertrieben und sarkastisch. Die Pointe des Gedichts liegt in der abschließenden Zeile: „Wenn’s die weißen nun noch werden, / Dann sind alle Sclaven frei!“. Hier wird die Ironie auf die Spitze getrieben, indem impliziert wird, dass die Befreiung der schwarzen Sklaven nur ein erster Schritt war und die eigentliche Freiheit erst erreicht wäre, wenn auch die weißen Menschen von jeglicher Form der Unterdrückung befreit würden. Dies deutet darauf hin, dass die wahre Sklaverei nicht nur von Hautfarbe, sondern auch von Machtverhältnissen und sozialer Ungleichheit abhängig ist.
Insgesamt ist das Gedicht eine scharfe Kritik an der Heuchelei und der Langsamkeit im Kampf gegen die Sklaverei. Glaßbrenner nutzt überspitzte Lobpreisungen und ironische Formulierungen, um die Doppelmoral derer zu entlarven, die sich als Befreier der Sklaven feiern lassen, ohne die zugrunde liegenden Ursachen der Ungerechtigkeit zu beseitigen. Die satirische Natur des Gedichts liegt in der Diskrepanz zwischen der vorgeblichen Freude über die erfolgte Befreiung und der stillschweigenden Erkenntnis, dass wahre Freiheit noch lange nicht erreicht ist und dass die soziale Ungleichheit in anderen Formen weiterbesteht.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.