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XIX. Vrowe, wilt du mich genern

Von

Vrowe, wilt du mich genern,
sô sich mich ein vil lützel an.
ich enmac mich langer niht erwern,
den lîp muoz ich verlorn hân.
Ich bin siech, mîn herze ist wunt.
vrowe, daz hânt mir getân
mîn ougen und dîn rôter munt.

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Gedicht: XIX. Vrowe, wilt du mich genern von Heinrich von Morungen

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „XIX. Vrowe, wilt du mich genern“ von Heinrich von Morungen ist ein klassisches Minnelied, das die Qualen der unerwiderten Liebe thematisiert. Es ist ein Appell an die geliebte Frau, Mitleid mit dem leidenden Liebenden zu haben und ihm durch ihre Gunst Linderung zu verschaffen. Die Struktur des Gedichts ist klar und direkt, wobei jede Strophe eine neue Facette der Verzweiflung und der Sehnsucht des Sprechers beleuchtet.

Die erste Strophe formuliert die zentrale Bitte des Sängers. Er fleht die „Vrowe“ (Dame) an, sich seiner zu erbarmen, da er sich nicht länger gegen die Liebe wehren kann und befürchtet, an ihr zu sterben. Die Verwendung des Wortes „genern“ (Mitleid haben) deutet auf ein tiefes Leid hin. Die zweite Strophe verdeutlicht die Ursache des Leidens: Das „herze“ des Sprechers ist „wunt“ (verwundet) und er leidet an einer Krankheit. Der Sprecher gibt die Augen und den roten Mund der Dame als Ursache für seine Leiden an.

Das Gedicht ist von einer ausgeprägten Subjektivität geprägt. Die Gefühle des Sprechers stehen im Mittelpunkt, und alles dreht sich um seine Liebe zur „Vrowe“. Der Fokus liegt auf dem körperlichen und seelischen Schmerz, der durch die unerwiderte Liebe verursacht wird. Diese Intensität der Gefühle wird durch die einfachen, aber eindringlichen Worte und die Verwendung von Bildern wie „siech“ (krank) und „wunt“ (verwundet) verstärkt.

Morungens Gedicht greift zentrale Motive der mittelalterlichen Minne auf: die hohe Verehrung der Dame, die Betonung des leidenschaftlichen Verlangens und die Bereitschaft, für die Liebe zu leiden. Es zeugt von einer tiefen Sehnsucht nach Liebe und Anerkennung. Der „rote Mund“ der Dame, ein sinnliches Detail, wird zum Ausgangspunkt für das Leiden des Sängers, wodurch die physische und emotionale Ebene der Liebe eng miteinander verbunden werden.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.