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VIII. Sach ieman die vrouwen

Von

I

Sach ieman die vrouwen,
die man mac schouwen
in dem venster stân?
diu vil wolgetâne
diu tuot mich âne
sorgen, die ich hân.
Si liuhtet sam der sunne tuot
gegen dem liehten morgen.
ê was si verborgen.
dô muost ich sorgen.
die wil ich nu lân.

II

Ist aber ieman hinne,
der sîne sinne
her behalten habe?
der gê nach der schônen,
diu mit ir krônen
gie von hinnen abe;
Daz si mir ze trôste kome,
ê daz ich verscheide.
diu liebe und diu leide
diu wellen mich beide
vürdern hin ze grabe.

III

Wan sol schrîben kleine
reht ûf dem steine,
der mîn grap bevât,
wie liep sî mir waere
und ich ir unmaere;
swer danne über mich gât,
Daz der lese dise nôt
und ir gewinne künde,
der vil grôzen sünde
die sî an ir vründe
her begangen hât.

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Gedicht: VIII. Sach ieman die vrouwen von Heinrich von Morungen

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „VIII. Sach ieman die vrouwen“ von Heinrich von Morungen ist eine kunstvolle Reflexion über Liebe, Sehnsucht und das Wechselspiel von Glück und Leid. Es präsentiert eine komplexe emotionale Landschaft, in der der Sprecher seine Bewunderung für eine Frau zum Ausdruck bringt, während er gleichzeitig über die Vergänglichkeit des Glücks und die Macht der Liebe nachdenkt.

Der erste Teil des Gedichts strahlt eine gewisse Freude und Erleichterung aus. Der Sprecher hat die Frau, die er verehrt, in einem Fenster gesehen, was seine Sorgen lindert. Die Beschreibung ihrer Schönheit, verglichen mit der Sonne am Morgen, unterstreicht die Intensität seiner Bewunderung. Der Wechsel von Sorge zu Glück deutet auf die Bedeutung der Frau in seinem Leben hin und lässt erahnen, wie sehr er ihr und ihrem Anblick verfallen ist. Dieser Teil des Gedichts etabliert die Quelle seiner Freude.

Der zweite Teil des Gedichts kippt in eine melancholischere Stimmung. Der Sprecher fragt nach jemandem, der seine Sinne noch beherrschen kann, um sich der abwesenden Frau anzuschließen. Die Erwähnung ihrer Krone deutet auf ihre Hoheit und möglicherweise auch auf ihren sozialen Status hin. Die Erwartung, dass sie zu ihm zurückkehren soll, bevor er stirbt, offenbart eine tiefe Sehnsucht und ein Gefühl der Verlorenheit ohne ihre Anwesenheit. Liebe und Leid werden in diesem Abschnitt als untrennbar miteinander verbunden dargestellt, was die Intensität der erlebten Emotionen hervorhebt.

Der dritte Teil des Gedichts nimmt eine dunklere Wendung und handelt von Tod und Vergänglichkeit. Der Sprecher möchte auf seinem Grabstein verewigt werden, wie sehr er die Frau liebte, obwohl sie ihm nicht treu war. Er bittet den Vorübergehenden, sein Leid zu lesen und die „große Sünde“ zu erkennen, die sie an ihren Freunden begangen hat. Dieser Abschnitt deutet auf Verrat, möglicherweise durch die Frau, und eine tiefe Enttäuschung hin, die den Sprecher bis zum Tod begleitet. Die Bitte, die Wahrheit auf seinem Grabstein zu verewigen, unterstreicht die Bedeutung der Liebe und des Leids in seinem Leben.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.