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Verwunderte Strophen

Von

Mädchen! Bist du ein Wunder!
Daß du aufleuchtend dastehst! Und lebst!
Und Fleisch bist! Wunder du und Hirngeborenes,
das da war, als ich außer mir selbst geriet
in quälender Nacht,
da ein anderer seinen Arm dir um die Hüften legte!

Du! Nah! lodernd nah!
Du bist mein Atem!
Du bist meine Flamme,
die hinstirbt, wenn ich meine Sehnsucht dämpfe!
Wenn ich mein Leben zurückdämme! –
Nun aus der Ferne muß ich deine Lichter anstaunen.
Aber meine Sehnsucht ist vorstoßend ein Feuersturm!
Und mein Leben ist eine Geistgewalt in die Weite!

Deine Augen sind zwei Spielkinder,
die mit blanken Händen eine Fackel
vorhalten,
träumend fast, eine blaue Brandfackel
hinstrecken in mein Herz. –
Halt! Halt! Wartet!
Ein Faß voll Dynamit ist dort verstapelt:
drauf habe ich unvorsichtig
die Treue,
die Ehre der Freundestreue niedergelegt.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Verwunderte Strophen von Ernst Wilhelm Lotz

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Verwunderte Strophen“ von Ernst Wilhelm Lotz ist ein Ausdruck intensiver, widersprüchlicher Gefühle, die von Bewunderung und Sehnsucht bis hin zu Angst und Selbstverleugnung reichen. Die Sprache ist metaphorisch und bildhaft, wobei das lyrische Ich seine Emotionen in einem komplexen Gefüge von Sinnbildern darstellt. Das zentrale Thema ist die unerreichbare Geliebte, die sowohl als Quelle der Erleuchtung und des Lebens als auch als Ursache für Schmerz und Selbstzerstörung wahrgenommen wird.

In der ersten Strophe wird die Geliebte als „Wunder“ und „Hirngeborenes“ beschrieben, wodurch ihre übernatürliche, fast göttliche Qualität hervorgehoben wird. Der Autor evoziert das Gefühl des Verlustes und der Fremdheit, als er sich außerhalb seiner selbst wähnt, während ein anderer Mann die Geliebte berührt. Dies deutet auf eine unerwiderte oder verlorene Liebe hin. Die zweite Strophe verstärkt diese Dualität, indem sie die Geliebte als „Atem“ und „Flamme“ bezeichnet – Elemente des Lebens und des Todes zugleich. Die Sehnsucht nach ihr wird als Feuersturm beschrieben, der die Kraft hat, das Leben des lyrischen Ichs zu zerstören. Diese Ambivalenz zwischen Anziehung und Abstoßung, Leben und Tod, ist ein zentrales Merkmal des Gedichts.

Die dritte Strophe vertieft die Analyse der komplizierten emotionalen Dynamik. Die Augen der Geliebten werden als „Spielkinder“ interpretiert, die eine „blaue Brandfackel“ ins Herz des Sprechers strecken. Diese Fackel symbolisiert sowohl die Anziehungskraft als auch die Gefahr. In dieser Zeile wird die Geliebte zu einer Quelle sowohl von Begeisterung als auch von potenzieller Zerstörung, die das lyrische Ich dazu veranlasst, inne zu halten und zu warnen. Das „Faß voll Dynamit“ und die „Treue, / die Ehre der Freundestreue“, die darauf platziert werden, deuten auf das Bewusstsein der Konsequenzen seiner Sehnsucht hin und symbolisieren eine persönliche moralische Verpflichtung, die er nicht verletzen möchte.

Insgesamt ist „Verwunderte Strophen“ ein Gedicht über die Macht der Liebe und Sehnsucht, aber auch über die Selbstverleugnung und die Angst vor den Konsequenzen leidenschaftlicher Gefühle. Lotz verwendet eine reichhaltige Bildsprache, um die innere Zerrissenheit des lyrischen Ichs darzustellen, das zwischen Bewunderung, Begehren und der Erkenntnis der potenziellen Zerstörung schwankt. Das Gedicht ist ein Zeugnis der Komplexität menschlicher Emotionen und der Schwierigkeit, die eigenen Sehnsüchte und moralischen Verpflichtungen in Einklang zu bringen. Es ist eine Reflexion über die Sehnsucht, die wie ein Feuersturm verheerend sein kann.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.