Verschwiegene Liebe
Über Wipfel und Saaten
In den Glanz hinein –
Wer mag sie erraten,
Wer holte sie ein?
Gedanken sich wiegen,
Die Nacht ist verschwiegen,
Gedanken sind frei.
Errät′ es nur eine,
Wer an sie gedacht,
Beim Rauschen der Haine,
Wenn niemand mehr wacht,
Als die Wolken, die fliegen –
Mein Lieb ist verschwiegen
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Verschwiegene Liebe“ von Joseph von Eichendorff beschreibt die flüchtige, geheimnisvolle Natur der Liebe und die damit verbundene Sehnsucht nach Erfüllung. Es zeichnet sich durch eine tiefe Naturverbundenheit und eine introvertierte, verträumte Atmosphäre aus. Das Gedicht bewegt sich zwischen dem konkreten Erleben der Natur und der Abstraktion der Gefühle, die von einer stillen, ungesagten Liebe durchdrungen sind.
Die ersten Verse stellen die Szenerie dar: „Über Wipfel und Saaten / In den Glanz hinein“. Die beschriebenen Naturphänomene wie „Wipfel“ (Baumkronen) und „Saaten“ (Felder) vermitteln ein Gefühl von Weite und Unendlichkeit. Gleichzeitig wird die Frage nach der Möglichkeit, die Liebe zu erfassen, gestellt: „Wer mag sie erraten, / Wer holte sie ein?“. Diese Frage unterstreicht die Flüchtigkeit und Unergründlichkeit der Liebe. Die Betonung der Verschwiegenheit in Versen wie „Die Nacht ist verschwiegen“ und „Mein Lieb ist verschwiegen“ deutet auf eine Liebe hin, die im Verborgenen blüht und unausgesprochen bleibt.
Die zentrale Aussage des Gedichts liegt in der Zeile „Gedanken sind frei“. Diese Freiheit der Gedanken wird als Zufluchtsort für die Liebe gesehen, ein Ort, an dem sie ungehindert existieren und sich entfalten kann, ohne an äußere Umstände gebunden zu sein. Das Gedicht suggeriert, dass wahre Liebe nicht unbedingt ausgesprochen werden muss, sondern in der Stille und im Verborgenen ihren wahren Wert entfaltet. Die Natur dient hier als Spiegelbild der inneren Gefühlswelt, in der die Gedanken frei fliegen und die Liebe ihr geheimes Reich findet.
Die abschließenden Verse „Errät‘ es nur eine, / Wer an sie gedacht, / Beim Rauschen der Haine, / Wenn niemand mehr wacht, / Als die Wolken, die fliegen“ verstärken den intimen Charakter des Gedichts. Nur eine einzige Person, die geliebte Person selbst, kann diese verborgene Liebe erahnen. Die „Wolken, die fliegen“ symbolisieren die Freiheit und Ungebundenheit der Liebe, die über die Welt hinweggleitet. Das Gedicht endet mit einer melancholischen, aber romantischen Note, die die Schönheit und den Zauber einer unausgesprochenen Liebe hervorhebt.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.