Uns hât der winter…
Uns hât der winter geschat ueber al:
heide unde walt diu sint beidiu nu val,
dâ manic stimme vil suoze inne hal.
saehe ich die megde an der strâze den bal
werfen! sô kaeme uns der vogele schal.
Möhte ich verslâfen des winteres zît!
wache ich die wîle, sô han ich sîn nît,
daz sin gewalt ist sô breit und sô wît.
weizgot, er lât doch dem meien den strît:
sô lise ich bluomen, dâ rîfe nu lît.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Uns hât der winter…“ von Walther von der Vogelweide ist eine klagende Beschreibung der Winterzeit und ein sehnsuchtsvoller Ausblick auf den Frühling. Der Dichter beschreibt in knappen, eindringlichen Worten die Tristesse der winterlichen Natur und verbindet dies mit der Sehnsucht nach dem Erwachen des Lebens, das durch den Frühling und die damit verbundene Freude und Lebendigkeit symbolisiert wird. Die Verwendung einfacher, doch kraftvoller Bilder verstärkt die emotionale Wirkung des Gedichts.
Die erste Strophe zeigt die Wirkung des Winters auf die Natur. Die Heide und der Wald, einst voller Leben und lieblicher Stimmen, sind nun kahl und verlassen. Der Wunsch des Dichters, die spielenden Mädchen auf der Straße zu sehen und den Gesang der Vögel zu hören, drückt die Sehnsucht nach der verlorenen Freude und dem Überfluss des Sommers aus. Dieser Kontrast zwischen der trostlosen Gegenwart und der ersehnten Vergangenheit bzw. Zukunft ist ein zentrales Thema des Gedichts.
Die zweite Strophe verdeutlicht die Ungeduld und den Wunsch nach dem Ende der kalten Jahreszeit. Der Dichter möchte die Winterzeit am liebsten verschlafen, da er den Winter und seine weite Macht nicht ertragen kann. Die Zeile „weizgot, er lât doch dem meien den strît:“ deutet bereits die Hoffnung auf den Sieg des Frühlings an. Der Wunsch, Blumen zu pflücken, wo jetzt nur Reif liegt, zeigt die Sehnsucht nach der Wiedergeburt der Natur und dem Erwachen der Freude.
Walther von der Vogelweide gelingt es in diesem Gedicht, die Gefühle der Sehnsucht, der Ungeduld und der Hoffnung auf eine sehr persönliche Art und Weise auszudrücken. Die klaren Bilder der Natur und die schlichte Sprache lassen das Gedicht lebendig und nachvollziehbar erscheinen, wodurch es auch heute noch berührt. Die Verwendung von kurzen Versen und einfachen Reimen verstärkt die Eindringlichkeit und Direktheit der Aussage.
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Lizenz und Verwendung
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