Thema, Die jungen Aerzte wissen so wohl denen Jungfern an den Puls zu greifen, und verstehen deren Heimlichkeiten so wohl, als die Alten
Er widersteht durch Kunst der drohenden – – Gefahr,
Den Gott der Arzeney verehrt ein Silber – – Haar;
Die manches zartes Reis zur schwarzen Erde – – drücken,
Und der Verwesungs-Macht zum Opfer könte – – schicken.
Jedoch du alter Arzt, was blehet sich dein – – Bauch?
Was runzelst du die Haut und machst die Stirne – – rauh?
Laß Zorn, laß Neid und Zank, und kröne den mit – – Liebe,
Der deine Wissenschaft nach Art der klugen – – Diebe
Erhascht, erlauscht und stiehlt; ergieb dich jetzt nur – – drein,
Der junge Mevius fällt dir ins Handwerk – – ein,
Er will mit munterm Geist Gallenens Witz er – – greifen,
Und auch die kleine Welt mit seinem Sinn durch – – streifen.
Bricht die Gesundheit gleich und kriegt ein grosses – – Loch,
So lebt doch Mevius mit seiner Weisheit – – noch,
Der hält ihr Sinken auf. Schreyt Lorgen: ich er – – warme,
Das hitzge Fieber wächst, so faßt er sie beym – – Arme,
Und schickt nach ihrem Puls den schärfsten Augen – – Blick,
Er kennt, und merkt genau, wie er den Schmerzens – – Strick
Durch seinen Rath zerschneid. Was alte Aerzte – – naschen,
Kan auch ein junger Arzt erforschen und – – erhaschen.
Ach Lorgen! Mevius weis wohl, was vor Ge – – stank
Und Krankheit in dir ist, drum ordnet er den – – Trank
Davor, und hilft dir auf. Ich muß die Wahrheit – – geigen:
Es ist dem jungen Arzt des alten Klugheit – – eigen.
Thema und Reime
Mehr zu diesem Gedicht
Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Thema und Reime“ von Sidonia Hedwig Zäunemann, thematisiert den Kompetenzstreit zwischen jungen und alten Ärzten und die Überlegenheit der jungen Generation in der Medizin. Das Gedicht beginnt mit einer Feststellung der Kompetenz junger Ärzte, die sich darin verstehen, die Geheimnisse der jungen Frauen zu ergründen und so deren Herzen zu gewinnen. Der Dichter, der im Folgenden als Beobachter fungiert, wendet sich dann an einen älteren Arzt und hinterfragt dessen Verbitterung und Missgunst.
Die zentralen Strophen beschreiben die Leistungen des jungen Arztes Mevius, der die Weisheit des alten Gelehrten Galenus übernehmen möchte. Mevius wird als eifrig, wissbegierig und fähig dargestellt, die medizinischen Erkenntnisse zu nutzen, um Krankheiten zu heilen. Der Beobachter kritisiert die alten Ärzte für ihre Eifersucht auf die Erfolge der jungen Ärzte, die anscheinend in der Lage sind, die traditionelle Medizin weiterzuentwickeln und neue Methoden zu finden, um die Gesundheit zu erhalten.
Die abschließenden Verse preisen Mevius‘ Fähigkeiten und vergleichen ihn mit den alten Ärzten, die lediglich an überholten Praktiken festhalten. Der Beobachter stellt fest, dass Mevius die Fähigkeit besitzt, die Krankheit zu erkennen und zu behandeln, wodurch er die Klugheit der alten Ärzte erreicht oder sogar übertrifft. Das Gedicht ist somit eine Ode auf die Fortschritte der Medizin und die Bedeutung junger Ärzte, die durch ihre Neugier und ihr Wissen in der Lage sind, die traditionelle Medizin weiterzuentwickeln und neue Heilmethoden zu finden.
Der Stil des Gedichts ist typisch für die Barockzeit, in der Zäunemann lebte. Es verwendet eine kunstvolle Sprache, viele rhetorische Figuren wie beispielsweise Anreden und Fragen und die Verwendung von Reimen, um eine gewisse rhythmische Struktur zu erzeugen. Die Thematisierung des Wettstreits zwischen Jung und Alt in einem intellektuellen Feld, ist ebenfalls ein Merkmal der Epoche. Die Botschaft ist klar: Der Fortschritt ist notwendig, und junge Ärzte sind die Hoffnung für die Zukunft.
Weitere Informationen
Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.
Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.
