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Stille Liebe

Von

Könnt′ ich dich in Liedern preisen,
Säng′ ich dir das längste Lied.
Ja, ich würd′ in allen Weisen
Dich zu singen nimmer müd′!

Doch was immer mich betrübte,
Ist, daß ich nur immer stumm
Tragen kkann dich, Herzgeliebte,
In des Busens Heiligtum.

Dieser Schmerz hat mich bezwungen,
Daß ich sang dies kleine Lied,
Doch von bitterm Leid durchdrungen,
Daß noch keins auf dich geriet.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Stille Liebe von Justinus Kerner

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Stille Liebe“ von Justinus Kerner drückt in ergreifender Weise die Unfähigkeit aus, die Liebe in Worten auszudrücken und zu feiern. Der Dichter, der in diesem Fall auch der Liebende ist, sehnt sich danach, seine Geliebte in Liedern zu preisen, ein langes und vielfältiges Loblied zu singen. Die ersten vier Zeilen zeugen von einem tiefen Wunsch, die Liebe in aller Fülle zu besingen, wobei der Dichter versichert, dass er niemals müde werden würde, seine Liebste auf diese Weise zu ehren.

Der Kern des Gedichts liegt jedoch in der Erkenntnis, dass diese Hingabe stumm bleiben muss. Der Dichter ist gezwungen, die Liebe im Inneren zu tragen, in der „Busens Heiligtum“. Diese Stille, diese Unfähigkeit, die Gefühle zu artikulieren, wird als Quelle der Betrübnis dargestellt. Der Schmerz über die fehlende Ausdrucksmöglichkeit ist so stark, dass er den Dichter letztlich dazu veranlasst, ein „kleines Lied“ zu verfassen, das von der stillen Qual handelt.

Das Gedicht ist somit ein Paradox: ein Ausdruck der Liebe, der gleichzeitig die Grenzen des Ausdrucks selbst reflektiert. Es ist ein Eingeständnis der Ohnmacht, die Liebe in vollem Umfang zu erfassen und zu teilen. Der Dichter fühlt sich von dem Schmerz „bezwungen“, der durch das nicht artikulierte Gefühl entsteht, und dies ist der Impuls, der ihn dazu bringt, sein Leid in der Form eines Gedichts zu manifestieren.

Die letzten beiden Zeilen verstärken die Tragik des Gedichts. Der Dichter ist „von bitterm Leid durchdrungen“ und bedauert, dass keines seiner Worte die Geliebte erreicht hat. Die Stille der Liebe, die im Busen bewahrt wird, wird durch das Gedicht als unaufhebbare Distanz, als unüberbrückbare Kluft zwischen Gefühl und Ausdruck manifestiert. Das Gedicht wird somit zu einem Beweis der Liebe, aber auch des Scheiterns, sie vollständig mitzuteilen.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.