Wie? mich selbst je hätt ich gelobt? Wo? Wann? Es entdeckte
Irgend ein Mensch jemals eitle Gedanken in mir?
Nicht mich selber, ich rühmte den Genius, welcher besucht mich,
Nicht mein sterbliches, mein flüchtiges, irdisches Nichts!
Weil ich bescheiden und still mich selbst für viel zu gering hielt,
Staunt ich in meinem Gemüt über den göttlichen Gast.
Selbstlob
Mehr zu diesem Gedicht
Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Selbstlob“ von August von Platen thematisiert in sechs Versen auf ironische Weise die Frage nach Eigenlob und Selbstüberschätzung. Der Autor nimmt die Leser direkt mit einer rhetorischen Frage in den Diskurs auf, in der er sich scheinbar selbst in Frage stellt. Die ersten beiden Verse sind von der Form her sehr direkt und zeigen eine Verwunderung darüber, dass er sich selbst gelobt haben sollte. Durch die Wiederholung von „Wo? Wann?“ wird die Absurdität des Vorwurfs verstärkt.
Im zweiten Teil des Gedichts erfolgt die Auflösung der scheinbaren Selbstbezichtigung. Platen distanziert sich von der Idee, sich selbst zu rühmen. Stattdessen betont er die Verehrung des „Genius“, des göttlichen Geistes, der ihn besucht und inspiriert. Dies ist ein zentraler Hinweis auf die romantische Vorstellung von künstlerischer Inspiration, bei der der Dichter als Medium für höhere Mächte fungiert. Er hebt hervor, dass er nicht sein „sterbliches, flüchtiges, irdisches Nichts!“ rühmt, was bedeutet, dass er sich selbst als unwichtig im Vergleich zur göttlichen Inspiration betrachtet.
Die abschließenden Verse enthüllen die wahre Quelle der Demut und des Staunens des Dichters. Indem er sich selbst für „viel zu gering“ hält, demonstriert er Bescheidenheit. Diese Haltung ermöglicht ihm, den „göttlichen Gast“ mit umso größerer Ehrfurcht zu betrachten und dessen Anwesenheit zu bewundern. Hier wird deutlich, dass Platens scheinbarer Mangel an Selbstlob in Wirklichkeit eine Form der indirekten Selbstbewunderung ist, da er sich durch die Fähigkeit, den Genius zu empfangen und seine Werke hervorzubringen, auszeichnet.
Insgesamt präsentiert Platen mit „Selbstlob“ eine feinsinnige Auseinandersetzung mit dem Thema der Selbstwahrnehmung und der künstlerischen Inspiration. Durch die ironische Wendung und die Betonung der Bescheidenheit wird die Botschaft vermittelt, dass wahre Größe nicht im Selbstlob, sondern in der Anerkennung des Göttlichen und in der Hingabe an die Kunst liegt. Die Kürze des Gedichts trägt zur Wirkung bei, indem sie die Aussage prägnant und wirkungsvoll zusammenfasst.
Weitere Informationen
Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.
Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.
