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Rätsel 4

Von

Noch sitzt auf halbzerfallnem Throne,
Noch hält die längst bestrittne Krone
Die alte Königin der Welt.
Ob sie wohl je vom Throne fällt?
Vielleicht; doch liest du sie von hinten,
So wirst du einen König finden,
Der herrscht, seitdem die Welt besteht,
Des Reich nur mit der Welt vergeht,
Sie schießt nicht ew′ge Donnerkeile,
Doch ewig treffen Pfeile.

Auflösung:[Roma – Amor]

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Gedicht: Rätsel 4 von Wilhelm Hauff

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Rätsel 4“ von Wilhelm Hauff präsentiert ein sprachliches Rätsel, das sich in einer präzisen und doch rätselhaften Weise der Beschreibung einer Königin und eines Königs widmet. Das Gedicht ist als Frage formuliert, die den Leser herausfordert, die verborgene Identität zu entschlüsseln, die durch die Metaphern der Königin und des Königs repräsentiert wird.

Die „alte Königin der Welt“, die auf ihrem „halbzerfallnem Throne“ sitzt und die „längst bestrittne Krone“ trägt, steht für eine Macht, die scheinbar am Ende ihrer Herrschaft angekommen ist. Die Frage, ob sie „wohl je vom Throne fällt?“, suggeriert Zweifel an ihrer Beständigkeit. Durch die geschickte Verwendung von Bildern wie dem zerfallenden Thron und der bestrittenen Krone wird die Vorstellung von Verfall und Vergänglichkeit evoziert, was den Leser auf eine tiefere Ebene der Reflexion führt. Der Reim und die gewählte Sprache verstärken diese melancholische Atmosphäre.

Der zweite Teil des Gedichts wendet sich dem „König“ zu, der gefunden wird, wenn man die Königin „von hinten“ liest. Dieser König „herrscht, seitdem die Welt besteht“ und sein „Reich nur mit der Welt vergeht“. Im Gegensatz zur Königin, die als vergänglich dargestellt wird, wird hier die Ewigkeit des Königs betont, dessen Macht untrennbar mit der Welt verbunden ist. Seine Waffen, die „ew′ge Donnerkeile“ und „Pfeile“, weisen auf eine subtilere, aber beständigere Form der Herrschaft hin.

Die Auflösung des Rätsels, „[Roma – Amor]“, offenbart die eigentliche Bedeutungsebene des Gedichts. Die Königin repräsentiert „Roma“ (Rom), die antike Stadt und das römische Reich, dessen Macht und Ruhm längst vergangen sind. Der König hingegen steht für „Amor“ (Liebe), eine zeitlose Kraft, die die Welt durchdringt und seit Anbeginn der Zeit besteht. Hauff nutzt hier die Ambivalenz der Macht, um die Flüchtigkeit irdischer Herrschaft und die Ewigkeit der Liebe zu kontrastieren.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

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