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O hättest du immer dunkel geschrieben

Von

O hättest du immer dunkel geschrieben,
Du wärst ein Symbolist geblieben!
Zum ersten Male schrieb er klar –
Da sah man´s, daß er ein Simpel war.

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Gedicht: O hättest du immer dunkel geschrieben von Otto Ernst

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „O hättest du immer dunkel geschrieben“ von Otto Ernst ist eine pointierte Kritik an einem Dichter, der scheinbar durch das Erreichen von Klarheit seine literarische Qualität eingebüßt hat. Es ist ein kurzes, ironisches Gedicht, das in zwei knappen Strophen eine klare Aussage trifft und den Leser zum Nachdenken anregt. Die Struktur ist einfach, aber die Aussagekraft umso deutlicher.

Die erste Strophe eröffnet mit einem Konditionalsatz, der eine hypothetische Situation beschreibt: „O hättest du immer dunkel geschrieben“. Hier wird impliziert, dass der Dichter, solange er „dunkel“ schrieb, also rätselhaft und symbolträchtig, einen gewissen Wert besaß – er wäre ein „Symbolist geblieben“. Das Wort „Symbolist“ deutet auf eine literarische Strömung hin, die Wert auf das Verborgene, das Unergründliche und die Mehrdeutigkeit legt. Dies deutet darauf hin, dass das frühere Werk des Dichters eine gewisse Tiefe und Komplexität aufwies, die nun verloren gegangen ist.

Die zweite Strophe bildet den eigentlichen Kern der Kritik. Sie beschreibt den Moment, in dem der Dichter „zum ersten Male klar“ schrieb. Dieser Akt der Klarheit wird jedoch als Fehltritt interpretiert. Die überraschende Schlussaussage „Da sah man’s, daß er ein Simpel war“ enthüllt die bittere Wahrheit: Die Klarheit entlarvt die Begrenztheit des Dichters. Die Ironie liegt darin, dass das, was oft als ein Zeichen von Meisterschaft und Verständlichkeit angesehen wird, hier als Ausdruck von Einfachheit und mangelnder literarischer Fähigkeit dargestellt wird. Die Verwendung des Wortes „Simpel“ ist abwertend und unterstreicht die Kritik.

Otto Ernst setzt in diesem Gedicht auf Kontraste und eine klare, prägnante Sprache. Die Kürze des Gedichts verstärkt seine Schlagkraft. Die scheinbare Einfachheit der Sprache steht im Gegensatz zur Tiefe der Kritik. Der Dichter, der einst Wert auf Dunkelheit und Symbolik legte, wird durch seine Klarheit entlarvt. Das Gedicht spielt mit den Erwartungen des Lesers und offenbart in wenigen Zeilen eine bittere Wahrheit über die Beziehung zwischen sprachlicher Gestaltung und literarischer Qualität.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

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