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Nacht=Klage über den überverhofften betroffenen Abscheid ihrer lieben Freunde
Das große Liecht der Welt entzeücht sich nun der Erden /
und eylet fort ins Meer / mit seinen müden Pferden;
man hängt die Fenster zu / weil Morpheus komt heran /
eß sehnt sich nach dem Schlaff / was Odem blasen kan;
Man sieht der Sternen Heer mit ihrem Golde prangen;
Auch Luna zeiget uns das Silber ihrer Wangen
die Schaffe gehn zu Stall / der Schäffer geht zur Ruh;
eß regt sich niemand mehr / die Blumen tuhn sich zu;
Die Welt ist schon zu Bett / umringt mit vielen Träumen /
Ich aber nur allein / ich geh hier bey den Bäumen /
da weit und breit herum / der Tau / das Kind der Nacht /
sampt meiner Zehren=qvell die Gräser feüchter macht.
Hier lass ich mein Gedicht / mein Traurgedicht erklingen /
und hebe niedrig an / auff Deutsch also zu singen.
Mars / O Mars / bistu der Mann /
denn das ganze diser Erden /
Jezt muß pflicht= und dienstbar werden/
der uns Seuffzen lehren kan?
Ich gedacht / Ich wolt alhier /
bey den liebsten Freunden bleiben /
und mit ihn′n die Zeit vertreiben /
wer gedachte da an dihr?
In dem triffstu unsre Stadt /
daß der werten Freunde hauffen
mehrstes teils davon gelauffen /
O der zweymahl grimmen Taht!
Ich weiß nicht / wie mir geschehn /
Ey / wo sind doch meine Lieben?
Wo ist der und der geblieben?
Läst sich hier denn niemand sehn?
Auff den Gassen ist Geschrey:
Cloris sizt schon auff dem Wagen /
Galathee lest mir sagen /
daß sie schon von hinnen sey.
Hie läufft der / und hohlt den Paß /
Jener geht das Schiff zu frachten /
Seumsahl wil man ganz verachten /
hie hilfft keiner Augen naß.
Ich bin nicht mehr / die ich bin /
wündsch Euch andern Glük zum Reisen /
wolt euch selbst den Weg zwar weisen /
doch man lest mich nicht dahin.
O diß hat der Krieg gemacht!
Phebus steiget auff und nieder /
Galathe kombt schwerlich wieder /
gibt sie einmahl guhte Nacht.
Gerne schryb ich weiter fort /
doch die Faust wil mir erkalten /
und kan kaum die Feder halten /
guhte Nacht du liebster Ort.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Nacht=Klage über den überverhofften betroffenen Abscheid ihrer lieben Freunde“ von Sibylla Schwarz ist eine elegische Klage über den Abschied von Freunden, eingebettet in die Stimmung der Nacht. Das Gedicht beginnt mit einer Beschreibung des Sonnenuntergangs und der sich anschließenden Nacht, die eine melancholische Atmosphäre erzeugt. Diese Szenerie dient als Hintergrund für die persönliche Trauer der Sprecherin, die sich allein und verlassen fühlt.
Die Sprecherin beschreibt die allgemeine Ruhe der Nacht, während sie selbst von Kummer geplagt wird. Sie wendet sich direkt an den „Mars“, den Kriegsgott, und beklagt den Verlust ihrer Freunde, die durch Krieg und andere Umstände gezwungen sind, die Stadt zu verlassen. Die Zeilen spiegeln die Verzweiflung und das Gefühl der Isolation wider, das durch den Verlust geliebter Menschen hervorgerufen wird. Die Sprecherin fragt rhetorisch nach dem Verbleib ihrer Freunde und drückt ihre Sehnsucht nach ihrer Anwesenheit aus.
Die zweite Hälfte des Gedichts ist durch die konkrete Auflistung der Abreisen ihrer Freunde gekennzeichnet. Namen wie „Cloris“ und „Galathee“ werden genannt, wodurch die persönliche Ebene der Trauer verstärkt wird. Die Sprecherin beschreibt die Hektik und das Chaos, das durch die Abreisen entsteht, und betont die allgemeine Resignation, die sich breit macht. Sie erkennt an, dass das Glück ihrer Freunde im Abschied liegen mag, kann aber nicht daran teilnehmen und bleibt zurück.
Die letzten Zeilen des Gedichts sind von Resignation und Erschöpfung geprägt. Die Sprecherin ist unfähig, ihre Trauer weiter auszudrücken, und beendet das Gedicht mit dem Gruß „Gute Nacht“. Dies signalisiert sowohl das Ende ihrer Klage als auch das Ende des Tages und den Beginn der Nacht, die ihre Einsamkeit noch verstärkt. Das Gedicht ist ein ergreifendes Zeugnis der emotionalen Belastung, die durch Krieg und Verlust entsteht.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.