Mut
Fliegt der Schnee mir ins Gesicht,
Schüttl′ ich ihn herunter.
Wenn mein Herz im Busen spricht,
Sing′ ich hell und munter.
Höre nicht, was es mir sagt,
Habe keine Ohren;
Fühle nicht, was es mir klagt,
Klagen ist für Toren.
Lustig in die Welt hinein
Gegen Wind und Wetter!
Will kein Gott auf Erden sein,
Sind wir selber Götter!
Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Mut“ von Wilhelm Müller ist eine Ode an die Unbeirrbarkeit und den Trotz gegenüber den Widrigkeiten des Lebens. Es entfaltet seinen Kern in der direkten Auseinandersetzung mit physischen und emotionalen Herausforderungen, indem es die Fähigkeit des lyrischen Ichs betont, äußere Einflüsse abzuwehren und innere Zweifel zu überwinden. Der Autor konstruiert ein Bild der Stärke, das sich aus der Ablehnung von Schwäche speist und die Selbstermächtigung des Individuums in den Vordergrund stellt.
Die erste Strophe thematisiert das Äußere: Der Schnee, ein Sinnbild für die kalte und unbarmherzige Welt, wird durch einen einfachen Akt der physischen Abwehr abgewiesen. Gleichzeitig wird die Reaktion des Herzens, als Quelle sowohl von Freude als auch von Sorgen, mit dem fröhlichen Gesang gekontert. Dies etabliert den Kontrast zwischen dem lyrischen Ich, das in der Lage ist, Schwierigkeiten mit einer Haltung von Unbeschwertheit und Heiterkeit zu begegnen. Die Verwendung von „hell und munter“ unterstreicht diese positive Grundeinstellung.
In der zweiten Strophe wendet sich das Gedicht der inneren Welt zu. Das lyrische Ich ignoriert die innere Stimme, die möglicherweise Zweifel oder Ängste zum Ausdruck bringt. „Höre nicht, was es mir sagt“ und „Fühle nicht, was es mir klagt“ sind klare Aussagen der Selbstbeherrschung. Klagen wird als Handlung der „Toren“ abgetan, was die Ablehnung von Passivität und die Betonung aktiven Handelns unterstreicht. Dies verdeutlicht die zentrale Botschaft des Gedichts: Die Überwindung von Hindernissen erfordert eine aktive Entscheidung, innere und äußere Widerstände zu ignorieren.
Die letzte Strophe kulminiert in einer kräftigen Bekräftigung der menschlichen Selbstbestimmung. Die Zeile „Lustig in die Welt hinein / Gegen Wind und Wetter!“ ist ein Aufruf zur Lebensfreude, selbst unter widrigen Umständen. Die Aussage „Will kein Gott auf Erden sein, / Sind wir selber Götter!“ ist eine radikale Aussage, die die Selbstermächtigung auf die Spitze treibt, indem sie die Notwendigkeit eines göttlichen Schutzes verneint und das Individuum zum Schöpfer seines eigenen Schicksals erklärt. Das Gedicht ist ein Ausdruck des jugendlichen Trotzes, der sich auf die Kraft des eigenen Geistes und die Freude am Leben konzentriert.
Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.
Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.