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Mit einem goldnen Halskettchen

Von

Dir darf dies Blatt ein Kettchen bringen,
Das, ganz zur Biegsamkeit gewöhnt,
Sich mit viel hundert kleinen Schlingen
Um deinen Hals zu schmiegen sehnt.

Gewähr′ dem Närrchen die Begierde
Sie ist voll Unschuld, ist nicht kühn
Am Tag ist′s eine kleine Zierde,
Am Abend wirfst du′s wieder hin.

Doch bringt dir einer jene Kette,
Die schwerer drückt und ernster faßt,
Verdenk ich dir es nicht, Lisette,
Wenn du ein klein Bedenken hast.

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Gedicht: Mit einem goldnen Halskettchen von Johann Wolfgang von Goethe

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Mit einem goldnen Halskettchen“ von Johann Wolfgang von Goethe ist eine charmante und spielerische Liebeserklärung, die durch eine kluge Gegenüberstellung von Leichtigkeit und Ernst eine tiefe Wahrheit birgt. Es beginnt mit einem Angebot: Ein zartes Halskettchen aus Papier wird der Geliebten Lisette dargebracht. Die „Biegsamkeit“ und die „hundert kleinen Schlingen“ symbolisieren die subtile Art und Weise, wie die Zuneigung sich um Lisette legt, sich an sie anschmiegt und sie umgarnt. Das Gedicht drückt somit eine unaufdringliche, fast spielerische Form der Liebe aus.

Der zweite Abschnitt des Gedichts verstärkt diese anfängliche Leichtigkeit. Die „Begierde“ nach der Zuneigung, die das Gedicht repräsentiert, wird als „voll Unschuld“ und „nicht kühn“ bezeichnet. Das Papierkettchen ist lediglich eine kleine „Zierde“ für den Tag, die am Abend abgelegt werden kann. Diese Verse betonen die Unverbindlichkeit und Unbeschwertheit der ersten Liebesgefühle, die Freude an der Aufmerksamkeit, ohne bereits eine tiefe Bindung oder ernsthafte Verpflichtung zu fordern. Das Spiel mit dem Wort „Närrchen“ verweist auf die kindliche, humorvolle Seite der Liebe.

Die dritte und letzte Strophe des Gedichts wirft einen bedeutsamen Schatten auf die vorhergehende Leichtigkeit. Goethe warnt Lisette vor einer anderen Art von Kette, die „schwerer drückt und ernster faßt“. Diese Kette steht für eine tiefere, verbindlichere Liebe, die mit mehr Verantwortung und Verpflichtungen einhergeht. Der Dichter gesteht Lisette das Recht zu, Bedenken zu haben, wenn sie mit dieser „schwereren“ Kette konfrontiert wird.

Somit ist das Gedicht eine subtile Reflexion über die verschiedenen Stadien der Liebe. Es beginnt mit der spielerischen Anziehung, die durch das Papierkettchen symbolisiert wird, und endet mit einer ehrlichen Anerkennung der möglichen Schwere und Ernsthaftigkeit einer dauerhaften Bindung. Goethe schafft es, in wenigen Versen eine komplexe emotionale Landschaft zu entwerfen, die von Unbeschwertheit, Zuneigung und der Erkenntnis der möglichen Konsequenzen der Liebe geprägt ist. Die sprachliche Einfachheit und der charmante Ton des Gedichts verstärken die Botschaft der Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.