Kinderspiel
»Ich hab eine Zither, du ein blaues Band,
komm laß uns werden ein Paar!« …
Er faßt nach ihrer braunen Hand
und bietet die Lippen ihr dar.
Sie küssen sich hungrig, sie küssen sich satt,
die Vöglein lauschen sacht;
es rührt sich in den Büschen kein Blatt;
nacktfüßig kommt die Nacht.
Die jüngsten Sterne gucken
neugierig auf die zwei,
ihre goldnen Wimpern zucken ..
zögernd ziehen sie vorbei.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Kinderspiel“ von Maria Janitschek erzählt von einer frühen, kindlichen Begegnung zwischen zwei jungen Menschen, die sich spielerisch der Liebe nähern. Die Unschuld und Leichtigkeit der Kindheit scheinen durch die einfache Sprache und die schlichten Bilder widergespiegelt zu werden. Der eröffnende Vers, in dem das Mädchen die Zither und der Junge ein blaues Band besitzt, deutet auf eine spielerische Inszenierung an, die die Welt der Erwachsenen nachahmt. Die Aufforderung „komm laß uns werden ein Paar!“ deutet auf den Wunsch nach Verbindung und der Annahme einer Rolle im Spiel der Liebe.
Die zweite Strophe intensiviert die Szene, indem sie das körperliche Geschehen in den Vordergrund rückt: „Sie küssen sich hungrig, sie küssen sich satt“. Dieser Zeile gibt eine unschuldige, doch intensive Darstellung des ersten Kusses wider. Die Natur, durch „die Vöglein“ und „die Büsche“, wird zum stillen Zeugen dieser intimen Szene. Der Einbruch der Nacht, die „nacktfüßig“ daherkommt, unterstreicht die intime und verletzliche Atmosphäre. Die Welt um die Kinder scheint in diesem Moment stillzustehen, alles konzentriert sich auf ihre zarte Begegnung.
Die dritte Strophe verlagert den Fokus auf eine kosmische Ebene. Die „jüngsten Sterne“ beobachten das Geschehen, ihre „goldnen Wimpern zucken“. Hier wird die Beobachtung der kindlichen Liebenden durch das Universum zu einer fast mythischen Szene erhöht. Es deutet auf ein Wunder, das das Universum beäugt. Die „zögernd“ vorbeiziehenden Sterne lassen erahnen, dass die Kinder in ihrem Spiel der Welt entfliehen.
Insgesamt zeichnet das Gedicht ein Bild von einer kindlichen Liebe, die von Unschuld, Neugierde und der ungestümen Entdeckung des ersten Kusses geprägt ist. Die Naturbilder, die Stille und die kosmische Beobachtung verstärken die intime und fast magische Atmosphäre. Das Gedicht feiert die Unbekümmertheit und die erste Berührung von Liebe und Sehnsucht, das in diesem frühen Kinderspiel seinen Anfang findet.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.