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Kaplied

Von

Auf, auf! ihr Brüder und seyd stark,
Der Abschiedstag ist da!
Schwer liegt er auf der Seele, schwer!
Wir sollen über Land und Meer
Ins heiße Afrika.

Ein dichter Kreis von Lieben steht,
Ihr Brüder, um uns her;
Uns knüpft so manches theure Band
An unser deutsches Vaterland,
Drum fällt der Abschied schwer.

Dem bieten graue Eltern noch
Zum letztenmal die Hand;
Den kosen Bruder, Schwester, Freund;
Und alles schweigt, und alles weint,
Todtblaß von uns gewandt.

Und wie ein Geist schlingt um den Hals
Das Liebchen sich herum:
Willst mich verlassen, liebes Herz,
Auf ewig? – und der bittre Schmerz
Macht′s arme Liebchen stumm.

Ist hart – drum wirble du, Tambour,
Den Generalmarsch drein.
Der Abschied macht uns sonst zu weich,
Wir weinten kleinen Kindern gleich –
Es muß geschieden seyn.

Lebt wohl, ihr Freunde! Sehn wir uns
Vielleicht zum letztenmal;
So denkt, nicht für die kurze Zeit,
Freundschaft ist für die Ewigkeit,
Und Gott ist überall.

An Deutschlands Grenze füllen wir
Mit Erde unsre Hand
Und küssen sie – das sey der Dank
Für deine Pflege, Spels′ und Trank,
Du liebes Vaterland!

Wenn dann die Meereswoge sich
An unsern Schiffen bricht,
So segeln wir gelassen fort;
Denn Gott ist hier und Gott ist dort,
Und der verläßt uns nicht!

Und ha, wenn sich der Tafelberg
Aus blauen Düften hebt;
So strecken wir empor die Hand,
Und jauchzen: Land! ihr Brüder, Land!
Daß unser Schiff erbebt.

Und wenn Soldat und Offizier
Gesund ans Ufer springt,
Dann jubeln wir , ihr Brüder, ha!
Nun sind wir ja in Afrika.
Und alles dankt und singt.

Wir leben drauf in fernem Land
Als Deutsche brav und gut.
Und sagen soll man weit und breit,
Die Deutschen sind doch brave Leut′,
Sie haben Geist und Muth.

Und trinken auf dem Hoffnungskap
Wir seinen Götterwein;
So denken wir von Sehnsucht weich,
Ihr fernen Freunde, dann an Euch;
Und Thränen fließen drein.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Kaplied von Christian Friedrich Daniel Schubart

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Kaplied“ von Christian Friedrich Daniel Schubart ist eine bewegende Auseinandersetzung mit Abschied, Verlust und dem Aufbruch ins Unbekannte. Es beschreibt die Emotionen und Erfahrungen deutscher Soldaten, die sich von ihrer Heimat verabschieden, um nach Afrika zu segeln. Das Gedicht zeichnet sich durch eine Mischung aus Melancholie, Patriotismus und Hoffnung aus, was die komplexen Gefühle der Soldaten vor ihrem Abenteuer verdeutlicht.

Die ersten Strophen konzentrieren sich auf den Abschied von Familie, Freunden und der Heimat. Schubart beschreibt die Schwere des Abschieds, die Tränen und die umarmenden Gesten der Liebsten. Die Worte „Drum fällt der Abschied schwer“ und „Todtblaß von uns gewandt“ unterstreichen die Tragik der Trennung und die Ungewissheit der Zukunft. Die Verwendung von Begriffen wie „Brüder“ und „Liebchen“ zeigt die tiefe Verbundenheit und das Zusammengehörigkeitsgefühl, das durch das bevorstehende Ereignis auf die Probe gestellt wird. Die Zeile „Auf ewig?“ aus der vierten Strophe verdeutlicht die Angst vor dauerhaftem Verlust und die emotionalen Turbulenzen, die mit dem Abschied verbunden sind.

Im weiteren Verlauf des Gedichts wandelt sich die Stimmung von Trauer zu Zuversicht und Patriotismus. Der Generalmarsch, der durch das Wirbeln des Tambours angestimmt wird, soll die Soldaten stärken und von den sentimentalen Gefühlen ablenken. Die letzte Strophe vor dem Aufbruch in die Ferne beinhaltet das Verabschieden von ihrem Vaterland, sowie das Versprechen Freundschaft für die Ewigkeit zu bewahren. Diese Zeilen zeigen das Gefühl der nationalen Identität und des Zusammenhalts, die den Soldaten Trost und Kraft geben.

Die Reise selbst wird als eine Mischung aus Hoffnung und Sehnsucht dargestellt. Die Ankunft in Afrika und die Freude, die sie erleben, werden ausgedrückt, wenn der Tafelberg sichtbar wird. Der Ausruf „Land! ihr Brüder, Land!“ zeugt von dem Gefühl der Freiheit und des Aufbruchs, das die Soldaten erfasst. Doch selbst in der Ferne bleiben die Erinnerungen an die Heimat und die Sehnsucht nach Freunden und Familie präsent. Die Schlusstrophen, die vom Genuss des „Götterweins“ am Kap der Guten Hoffnung erzählen, weisen auf die Sehnsucht nach den Lieben in der Heimat hin und lassen die Tränen fließen. Diese Mischung aus Stolz, Abenteuerlust und Heimweh macht das Gedicht zu einem tiefgründigen Portrait menschlicher Emotionen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Schubarts „Kaplied“ ein eindringliches Zeugnis der Gefühle ist, die mit Abschied, Aufbruch und der Erfahrung in der Fremde verbunden sind. Durch die Kombination von Melancholie, Patriotismus und Hoffnung gelingt es dem Dichter, die Vielschichtigkeit menschlicher Emotionen auf eindrucksvolle Weise darzustellen. Das Gedicht ist nicht nur eine Beschreibung der äußeren Ereignisse, sondern vor allem eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit den inneren Kämpfen und Sehnsüchten der Soldaten.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.