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Im Abendrot

Von

Wir sind durch Not und Freude
Gegangen Hand in Hand:
Vom Wandern ruhen wir beide
Nun überm stillen Land.

Rings sich die Täler neigen,
Es dunkelt schon die Luft,
Zwei Lerchen nur noch steigen
Nachträumend in den Duft.

Tritt her und laß sie schwirren,
Bald ist es Schlafenszeit,
Daß wir uns nicht verirren
In dieser Einsamkeit.

O weiter, stiller Friede!
So tief im Abendrot,
Wie sind wir wandermüde –
Is dies etwa der Tod?

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Gedicht: Im Abendrot von Joseph von Eichendorff

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Im Abendrot“ von Joseph von Eichendorff beschreibt eine innige Betrachtung des Lebensendes, eingebettet in die Schönheit der Natur. Das Gedicht thematisiert die gemeinsame Bewältigung von Lebensweg und das friedvolle Ankommen im Alter. Die Sprache ist schlicht und doch von tiefer Melancholie geprägt, was durch die ruhigen Bilder der Natur verstärkt wird, die als Kulisse für die Reflexion über das Ende des Lebens dienen.

Die erste Strophe etabliert die zentrale Metapher des Wanderns, die das gemeinsame Leben des Paares symbolisiert. „Wir sind durch Not und Freude / Gegangen Hand in Hand“ verdeutlicht die Verbundenheit und die gegenseitige Unterstützung, die durch alle Höhen und Tiefen des Lebens getragen hat. Das „Ruhen überm stillen Land“ deutet das Erreichen eines gemeinsamen Ziels an, ein friedvolles Ankommen am Ende des Weges, das mit dem Bild der Natur assoziiert wird.

Die zweite und dritte Strophe vertiefen die Atmosphäre der Stille und des Abschieds. Das „Dunkel der Luft“ und die „Nachträumenden Lerchen“ unterstreichen das herannahende Ende. Die Aufforderung „Tritt her und laß sie schwirren“ deutet eine Abkehr von der Welt und eine Hinwendung zur inneren Einkehr an. Die Zeile „Daß wir uns nicht verirren / In dieser Einsamkeit“ drückt sowohl die Sehnsucht nach Geborgenheit in der Zweisamkeit als auch die Angst vor dem Alleinsein und der Vergänglichkeit aus, die im Alter oft spürbar ist.

Die letzte Strophe bringt die zentrale Frage des Gedichts auf: „Is dies etwa der Tod?“ Die Frage ist keine Angst, sondern eine Reflexion des Übergangs. Das „weiter, stille Friede“ des Abendrots wird als Gegenpol zur Anstrengung des Wanderns wahrgenommen und vermittelt eine tiefe Ruhe und Zufriedenheit. Das Gedicht feiert das Ende als Moment der Harmonie und des Friedens, ein Ankommen nach einem erfüllten Leben in Einheit mit dem Partner und im Einklang mit der Natur. Das Abendrot wird so zum Symbol für den Tod, der hier jedoch als sanfte Verwandlung und als eine Heimkehr in den Kreislauf der Natur verstanden wird.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.