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Hymne an Oesterreich

Von

Riesin Austria, wie herrlich glänzest du vor meinen Blicken!
Eine blanke Mauerkrone seh’ ich stolz das Haupt dir schmücken,
Weicher Locken üpp’ge Fülle reich auf deine Schultern fallen
Blonden Golds, wie deine Saaten, die im Winde fröhlich wallen.

Festlich prangt dein Leib, der wonn’ge, in dem grünen Sammtgewande,
Dran als Silbergurt die Donau, und die Rebe als Guirlande;
Leuchtend flammt dein Schild, der blanke, welchem Lerch’ und Aar entsteigen,
Aller Welt von deinem Bündniß mit dem Tag und Licht zu zeigen!

Farbig ist ein Blumenestrich dir zu Füßen aufgegangen,
Eine Garde stolzer Eichen seh’ ich im Gefolg dir prangen,
Kön’gen gleich in Purpurmänteln deine hohen Berge ragen,
Die als Kronen schmucke Burgen hell im Morgenrothe tragen.

Hier bist du die Braut, die heitre, unter Blüthen an der Quelle,
Kränzend sich mit Perl’ und Rose, spiegelnd sich in klarer Welle!
Dort gleich muth’ger Amazone nach ersiegter Schlacht zu schauen,
Erzumpanzert und gewaltig, doch voll Schönheit selbst das Grauen!

Wie im hohen Göttertempel glorreich einst Pallas-Athene,
Stehst du da in stiller Weisheit, heil’ger Kraft und milder Schöne!
Aus den lieben süßen Augen muß ein hoher Geist auch sprühen,
Unterm üpp’gen schönen Busen dir ein edles Herz auch glühen.

In der Hand des Wissens Bücher hältst du siegreich aufgeschlagen,
Wissend, daß, wie deine Saaten, sie manch goldnes Körnlein tragen,
Daß, wer hat gesunde Augen, Tageslicht vertragen lerne,
Und noch keine Hütt’ in Flammen ward gesteckt durchs Licht der Sterne.

Erz berührt und Stein und Leinwand deine Zauberhand nur sachte,
Sieh, da als ein Gott lebendig springt der Marmor aus dem Schachte,
Sieh, da lebt und spricht die Leinwand, fröhlich klingen die Metalle,
Und der Kunst geweihte Dome ragen hoch zur Sternenhalle!

Freiheit prangt als heil’ge Losung über deinen Friedenshütten,
Freiheit glänzt auf allen Bannern, drunter je dein Volk gestritten;
Besser als die Händ’ in Fesseln taugen dir die fessellosen,
Sei’s das Schwert der Schlacht zu schwingen, sei’s zu pflücken Friedensrosen.

Doch: Vertrauen! heißt die Fessel, die dir gilt, dein Volk zu binden,
Und um Brüder sie und Brüder und um Fürst und Volk zu winden;
Wenn der heil’ge Regenbogen stolz sich wölbt durch Wettergrauen,
Strahlt aus ihm herab das große, schöne, ew’ge Wort: Vertrauen!

Drum wohl darfst du stolz und freudig, Austria, dein Haupt erheben,
Durch der fernsten Zeiten Nebel wird dein Schild noch glänzend schweben!
Viel hat dich der Herr gesegnet, doch du darfst auch rühmend sagen,
Daß bei dir die edlen Keime reich und herrlich Frucht getragen! –

Also klang jüngst meine Hymne. Sonst, wenn Dichter Hymnen singen,
Glänzt ihr Aug’ wie Sonnenjubel, jauchzt ihr Herz wie Harfenklingen;
Doch wie mocht’ es denn geschehen, daß ich mußte bei der meinen
So aus tiefstem, vollstem Herzen viel der bittren Thränen weinen?

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Gedicht: Hymne an Oesterreich von Anastasius Grün

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Hymne an Österreich“ von Anastasius Grün ist eine patriotische Lobpreisung des österreichischen Reiches, die in einer bildreichen und pathetischen Sprache die Schönheit, Stärke und Tugenden Österreichs hervorhebt. Das Gedicht entfaltet sich in mehreren Strophen, die jeweils verschiedene Aspekte des Landes und seiner Identität beleuchten, beginnend mit einem Lob der äußeren Erscheinung und der natürlichen Ressourcen, über die Darstellung der Geschichte und Kunst bis hin zur Betonung der Freiheit und des Vertrauens als zentrale Werte.

In den ersten Strophen wird Österreich als eine strahlende Schönheit dargestellt. Die Metaphern reichen von der „blanken Mauerkrone“ und den „üpp’gen Locken“ bis hin zu den fruchtbaren Feldern, dem grünen Land und den hohen Bergen. Das Bild der Donau als „Silbergurt“ und der Rebe als „Guirlande“ verdeutlicht die Harmonie zwischen Natur und menschlicher Kultur. Der Adler und die Lerche auf dem „blanken Schild“ symbolisieren die Verbundenheit Österreichs mit dem Tag und dem Licht, also mit Erleuchtung und Fortschritt. Die Verwendung von Adjektiven wie „herrlich“, „stolz“, „wonn’ge“ und „leuchtend“ unterstreicht die Bewunderung und den Stolz des Dichters auf sein Vaterland.

Die mittleren Strophen erweitern das Bild um historische und kulturelle Aspekte. Österreich wird mit mythologischen Figuren wie der Braut unter Blühten und der Amazone nach der Schlacht verglichen, was die Vielfalt der Rollen und Qualitäten des Landes hervorhebt. Die Anspielung auf Pallas-Athene, die Göttin der Weisheit und Kunst, unterstreicht das kulturelle Erbe und die Bedeutung von Wissen und Kunst in Österreich. Die Erwähnung von Büchern, Marmor und Leinwand verweist auf die Errungenschaften in Wissenschaft und Kunst, die durch die „Zauberhand“ des Landes zum Leben erweckt werden. Die Beschreibungen sind voller Dynamik und zeigen Österreich als einen Ort der Kreativität und des Fortschritts.

Die letzten Strophen widmen sich den zentralen Werten Österreichs: Freiheit und Vertrauen. Die Freiheit wird als „heil’ge Losung“ und auf den Bannern des Volkes dargestellt, während das Vertrauen als „Fessel“ beschrieben wird, die das Volk und seine Führung vereint. Die Metapher des Regenbogens symbolisiert die Hoffnung und das Zusammengehörigkeitsgefühl, das aus dem Vertrauen erwächst. Der abschließende Teil des Gedichts reflektiert die Emotionen des Dichters, die zwischen Stolz und Trauer schwanken. Die Frage, warum er trotz der Jubelstimmung Tränen vergießt, deutet auf eine tiefe Verbundenheit mit dem Land und möglicherweise auch auf die Erkenntnis der historischen Herausforderungen und Opfer, die mit der Größe Österreichs einhergingen.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.