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Herbstgefühl

Von

Fetter grüne, du Laub,
Am Rebengeländer
Hier mein Fenster herauf!
Gedrängter quellet,
Zwillingsbeeren, und reitet
Schneller und glänzend voller!
Euch brütet der Mutter Sonne
Scheideblick; euch umsäuselt
Des holden Himmels
Fruchtende Fülle;
Euch kühlet des Mondes
Freundlicher Zauberhauch,
Und euch betauen, ach!
Aus diesen Augen
Der ewig belebenden Liebe
Vollschwellende Tränen.

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Gedicht: Herbstgefühl von Johann Wolfgang von Goethe

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Herbstgefühl“ von Johann Wolfgang von Goethe ist eine kurze, aber intensive Auseinandersetzung mit dem Kreislauf von Werden und Vergehen, von Wachstum und Abschied, der im Herbst seinen Höhepunkt erreicht. Es zeichnet sich durch eine unmittelbare Ansprache des Laubes am Rebengeländer aus, was eine intime Beziehung zwischen dem lyrischen Ich und der Natur suggeriert. Goethe nutzt eine klare, bildreiche Sprache, um die Schönheit und die gleichzeitige Vergänglichkeit des Herbstes hervorzuheben.

Die ersten Zeilen beschreiben das üppige Wachstum des Laubes, die „Zwillingsbeeren“, die „schneller und glänzend voller“ reifen. Hier wird die Lebendigkeit und Fruchtbarkeit des Sommers gefeiert. Die Natur wird als lebendiger Organismus dargestellt, der von der Sonne, dem Himmel und dem Mond beeinflusst wird. Diese Elemente stehen für die schöpferischen Kräfte, die das Wachstum befördern und die Natur mit Leben erfüllen. Die Verwendung von Adjektiven wie „fetter“ und „hold“ verstärkt den positiven, sinnlichen Eindruck der Natur.

In der zweiten Hälfte des Gedichts findet ein Bruch statt. Die Zeilen „Euch brütet der Mutter Sonne / Scheideblick“ deuten bereits auf den Abschied hin. Die „Vollschwellende Tränen“ aus den Augen des lyrischen Ichs sind ein Zeichen der Wehmut und der Trauer über das Ende des Sommers. Sie sind Tränen der Liebe, die sich dem Kreislauf des Lebens und Sterbens, der Vergänglichkeit aller Dinge, bewusst sind. Das Gedicht wird so zu einem Ausdruck des tiefen Mitgefühls für die Natur und der Akzeptanz des natürlichen Rhythmus.

Das Gedicht vereint also auf subtile Weise die Freude über das Leben und die Trauer über das Vergängliche. Die innige Verbindung zwischen dem lyrischen Ich und der Natur, ausgedrückt durch die direkte Ansprache des Laubes und die Beschreibung der Naturphänomene, macht dieses Gedicht zu einem eindrucksvollen Beispiel für Goethes Naturlyrik und seine Fähigkeit, tiefe menschliche Gefühle in poetischen Bildern auszudrücken. Es ist ein Gedicht über die Schönheit, die Vollkommenheit und die Vergänglichkeit des Lebens.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.