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Grenze des Denkens

Von

Rein zu denken, vermeinst du? Wie sehr du die Bilder auch sichtest,
Bilder bleiben es doch, wenn auch zu Worten verdünnt,
Und sie borgen sich bloß im ewigen Wechsel die Lichter,
Denn das erste erlischt, wenn sich das zweite erhellt.
Aber ein anderes ist′s, in Blei Figuren zu gießen,
Wie es die Mägde tun, oder zu zeichnen, wie Kant.

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Gedicht: Grenze des Denkens von Friedrich Hebbel

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Grenze des Denkens“ von Friedrich Hebbel thematisiert die Begrenzungen des menschlichen Denkens und die Unmöglichkeit, zu einem reinen, von Bildern befreiten Erkenntnisprozess zu gelangen. Es reflektiert über die Natur des Denkens als einen Prozess, der immer an sinnliche Erfahrungen und deren bildhafte Repräsentation gebunden ist.

Der erste Teil des Gedichts stellt die These auf, dass das Denken, selbst wenn es versucht, sich von konkreten Bildern zu lösen und diese in Worte zu fassen, dennoch an diesen Bildern festhält. Die „Bilder“ sind dabei Sinneseindrücke, Erfahrungen und Vorstellungen, die die Grundlage unseres Denkens bilden. Der Vers „Und sie borgen sich bloß im ewigen Wechsel die Lichter“ deutet an, dass das Denken immer einem Fluss von Bildern unterliegt, wobei ein Bild erlischt, sobald ein neues auftritt. Diese Erkenntnis impliziert die Unmöglichkeit, zu einer reinen, von Bildern befreiten Erkenntnis zu gelangen.

Der zweite Teil des Gedichts führt einen Kontrast ein, indem er das Denken mit anderen Formen der Gestaltung vergleicht. Das „Gießen in Blei“ und das „Zeichnen“ repräsentieren Formen der direkten Umsetzung von Vorstellungen in eine greifbare Form, beispielsweise durch die Erstellung von Skulpturen oder Zeichnungen. Der Hinweis auf Kant am Ende des Gedichts deutet darauf hin, dass auch die Philosophie, so sehr sie sich auch bemüht, abstrakte Konzepte zu entwickeln, letztendlich an die Grenzen der menschlichen Vorstellungskraft gebunden ist. Kant steht hier möglicherweise als Beispiel für einen Denker, der versuchte, die Grenzen des menschlichen Denkens zu erkunden, diese aber letztlich nicht überwinden konnte.

Hebbel’s Gedicht ist eine Reflexion über die Natur des menschlichen Verstandes und die Grenzen, die ihm gesetzt sind. Es wirft die Frage auf, ob reines, von sinnlichen Erfahrungen und Bildern befreites Denken überhaupt möglich ist. Die Antwort des Gedichts scheint negativ zu sein: Das Denken ist stets an die Bilder gebunden, aus denen es sich speist, und kann sich ihnen nicht entziehen. Die letzten Zeilen deuten an, dass das Denken immer eine Form der Interpretation ist, die in konkrete Strukturen übersetzt wird. Dadurch unterstreicht Hebbel die Grenzen der menschlichen Erkenntnis.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.