Nun mag ich auch nicht länger leben,
verhaßt ist mir des Tages Licht;
denn sie hat Franze Kuchen gegeben,
mir aber nicht.
Fritze
Mehr zu diesem Gedicht
Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Fritze“ von Matthias Claudius ist eine schlichte, aber ausdrucksstarke Klage über die Ungerechtigkeit des Lebens, aus der Perspektive eines kleinen Kindes oder einer kindlichen Seele geschrieben. Der Titel deutet auf einen Namen hin, der für ein Kind typisch ist, und die Kürze des Gedichts sowie die einfache Sprache verstärken den Eindruck von Naivität und Unmittelbarkeit. Es ist eine Momentaufnahme kindlicher Enttäuschung, die durch ihre Einfachheit eine universelle Gültigkeit erlangt.
Die zentrale Aussage des Gedichts ist in den ersten beiden Versen zusammengefasst: „Nun mag ich auch nicht länger leben, / verhaßt ist mir des Tages Licht“. Diese Zeilen zeigen eine tiefe Verzweiflung, eine Art kindlicher Todessehnsucht. Der Auslöser für diese heftige Reaktion wird in den folgenden beiden Versen genannt: „denn sie hat Franze Kuchen gegeben, / mir aber nicht.“ Hier offenbart sich der eigentliche Grund für die scheinbar so tiefgreifende Trauer. Es ist die Ungerechtigkeit, dass der Kuchen an einen anderen gegeben wurde, während das lyrische Ich leer ausging.
Die Verwendung von „Franze“ und „sie“ deutet auf eine vertraute, häusliche Umgebung hin. Die „sie“ ist vermutlich eine Mutter, eine Schwester oder eine andere Bezugsperson. Das Gedicht ist dadurch in ein sehr intimes Setting gesetzt. Die Konzentration auf das scheinbar triviale Ereignis des Nicht-Erhaltens eines Kuchens zeigt, wie intensiv Kinder ihre Erfahrungen wahrnehmen und wie stark sie auf scheinbar banale Dinge reagieren können. Die Welt eines Kindes kann oft von solchen kleinen Ungerechtigkeiten geprägt sein, die in ihrem emotionalen Erleben große Auswirkungen haben.
Die Stärke des Gedichts liegt in seiner Fähigkeit, mit wenigen Worten eine ganze Welt von Emotionen zu erzeugen. Die simple Reihung von Ursache und Wirkung – die Ungerechtigkeit des Kuchenverteilens und die daraus resultierende Verzweiflung – ist ein Paradebeispiel für kindliche Logik. Claudius schafft es, die kindliche Sichtweise authentisch einzufangen und dem Leser eine emotionale Erfahrung zu vermitteln, die weit über die banale Handlung hinausgeht. Es ist eine Erinnerung an die Bedeutung von Kleinigkeiten in der kindlichen Welt und an die Macht der einfachen Worte.
Weitere Informationen
Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.
Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.
