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Freiheit-Hoffnung

Von

Freiheit, wo weilst du! Du zauderst so lange,
Vaterland sehnet nach dir sich so bange!
Kehrst du nimmer zu uns zurück?
Wendest von uns nur den trauernden Blick?
Ja! als mein Volk die umstrickenden Bande
Sprengte mit mutig geschwungenem Schwert,
Als es mit Blut abschwemmte die Schande
Von dem geschändeten heimischen Herd:
Da lauschtest du dem Siegestone,
Der aus den Schlachten zum Himmel gekracht,
Und du entschwebtest dem himmlischen Throne,
Weihtest dem Volke die Siegerkrone,
Deutschland strahlte in alter Pracht;
Tag war erwacht,
Es sank die Nacht. –

Tage des Sieges, ihr konntet entweichen?
Freiheit verließ euch, ihr grünenden Eichen!
Ach, es verwelkte das fröhliche Grün,
Grünende Hoffnung, du mußtest verblühn.
Ach! auf den Bergen verlöschten die Feuer,
Nacht umlagerte drückend die Welt –
Floh die Begeistrung, ihr tapfern Befreier,
Die eure Herzen zum Siege beseelt?
Das Band der Gauen ist zerschlagen!
Fragt ihr: wer wagte die frevelnde Tat?
Schreiet zum Himmel um Rache, ihr Klagen!
Die, die den Szepter des Vaterlands tragen,
Traten mit Füßen der Freiheit Saat;
Fürstenrat –
Er wagte die Tat.

Klage, o Deutschland, trauert ihr Gauen!
Die, die geschworen den Tempel zu bauen,
Haben den Altar höhnend zerstört,
Haben zersplittert der Heimat Herd!
Doch, ob das Land jetzt feindlich zersplittert,
Ob auch zersplittert die Volkskraft sei,
Haben den Geist sie nimmer umgittert,
Der in der Brust lebt, männlich und frei!
Der Geist hat unsre Brust durchdrungen;
Brüder, wenn Glaube und Schwur uns betrügt,
Nur mit Begeisterung tapfer gerungen!
Ist uns das herrliche Werk gelungen,
Dann aus den Grüften die Freiheit fliegt,
Wahrheit siegt,
Das Falsche liegt.

Offen ins Antlitz schaut euch die Jugend,
Aber ihr glaubt nicht an männliche Tugend,
Zittert vor nächtlich heimlicher Tat,
Suchet und suchet nach Trug und Verrat.
Ob ihr auch spottet das tapfere Streben,
Hochgefühl schwellt doch des Jünglings Brust,
Vaterlands blutig zerrissenes Leben
Frisch zu vereinen, ist unsere Lust.
Ein freies Deutschland wollen wir wieder,
Einer für alle ein Vaterland;
Steige zu uns, o Freiheit, hernieder!
Hoffet auf sie und füllet, ihr Brüder,
Auf die Pokale bis an den Rand,
Schwört Hand in Hand
Dem Vaterland.

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Gedicht: Freiheit-Hoffnung von Wilhelm Hauff

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Freiheit-Hoffnung“ von Wilhelm Hauff ist eine leidenschaftliche politische Klage und ein Aufruf zur Hoffnung, der im Kontext der politischen Umbrüche des frühen 19. Jahrhunderts entstanden ist. Es reflektiert die Enttäuschung über das Scheitern der Hoffnungen auf Freiheit und Einheit in Deutschland nach den Napoleonischen Kriegen und die Restauration.

Hauff beginnt mit einem verzweifelten Appell an die Freiheit, die sich im ersten Teil des Gedichts als kurzlebige Erfahrung darstellt. Das „Vaterland“ sehnt sich nach der Freiheit, die jedoch nur vorübergehend in Erscheinung tritt, als das Volk „mit mutig geschwungenem Schwert“ die „umstrickenden Bande“ sprengt. Der Sieg und die „Siegerkrone“ des Volkes werden jedoch durch das Ende der „Tage des Sieges“ und die Rückkehr der „Nacht“ und „Verzweiflung“ konterkariert. Diese Ambivalenz zwischen Hoffnung und Desillusionierung ist ein zentrales Thema.

Der zweite Teil vertieft die Enttäuschung. Die anfängliche Begeisterung, die „grünende Hoffnung“, verblasst, und die „tapferen Befreier“ werden durch die „Nacht“ und das Verbrechen der Fürsten enttäuscht. Der Dichter verurteilt die Fürsten, die mit ihrem „Fürstenrat“ die Freiheit verraten haben und das Land in „feindliche“ Zersplitterung zurückgeführt haben.

Im dritten Teil wandelt sich die Klage in einen Aufruf zur Hoffnung und zum Widerstand. Der Geist der Freiheit, der in der „Brust lebt, männlich und frei!“, ist unzerstörbar. Der Dichter beschwört die Leser, trotz Verrats und Enttäuschung an der Begeisterung festzuhalten und für ein freies Deutschland zu kämpfen. Die „Jugend“ wird als Trägerin der Hoffnung auf ein vereintes Vaterland beschrieben, das als „einer für alle“ zu verstehen ist. Der Schlussvers beschwört die Freiheit herabzusteigen und die Brüder zu vereinen, die dann Hand in Hand dem Vaterland die Treue schwören.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.