Frankfurt am Main
Wie ich mich auf dich freue!
Nur noch fünf Tage weit!
Wird!
Was ich auch scheue,
Niemals die Zeit.
Ich sitze wo und esse.
Um mich die Herrn von der Messe
Sind alle wichtig im Gefecht.
Ich wollte, ich wäre bezecht.
Nahbei, vor einem stolzen Hotel
(Wo man noch echten Whisky hat),
Schwemmt sich aus schöner Schale ein Quell,
Als weinte eine ganze Stadt
Ihre Zeitnot über den Rand.
Renée, ich küsse deine Hand.
Auf Wiedersehn!
Ich denke: Wenn nächstens vieles fällt,
Wir zwei bleiben stehn,
Solange wir wissen, was uns hält.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Frankfurt am Main“ von Joachim Ringelnatz ist eine lyrische Momentaufnahme, die von Sehnsucht, Vorfreude und der Vergänglichkeit der Zeit geprägt ist. Es offenbart die Gedanken und Gefühle des Sprechers, der sich auf einen bevorstehenden Besuch in Frankfurt freut, während er sich inmitten der geschäftigen Atmosphäre einer Messe befindet.
Die ersten Zeilen drücken eine ungeduldige Erwartung aus, verbunden mit dem Wissen um die Unaufhaltsamkeit der Zeit. Der Sprecher sehnt sich nach etwas, vielleicht nach der Begegnung mit Renée, die im letzten Teil des Gedichts eine wichtige Rolle spielt. Die Zeilen „Ich sitze wo und esse. / Um mich die Herrn von der Messe / Sind alle wichtig im Gefecht.“ zeichnen ein Bild der Unpersönlichkeit und des hektischen Treibens, dem der Sprecher ausgesetzt ist. Der Wunsch, betrunken zu sein, offenbart eine gewisse Distanzierung von der geschäftigen Umgebung und den Wunsch nach Ablenkung und dem Vergessen der Zeit.
Ein zentrales Bild des Gedichts ist der „Quell“, der aus einer „schönen Schale“ vor einem Hotel entspringt und das Weinen einer ganzen Stadt symbolisiert. Dieser Quell steht für die Last der Zeit, die das Leben in Frankfurt prägt. Die Nennung von „Renée“ und der Kuss ihrer Hand, der von einer innigen Verbindung zeugt, stellt die Sehnsucht nach Liebe und Beständigkeit dar. Die Schlusszeilen sind ein Bekenntnis zur Kraft der Liebe, die selbst angesichts des Vergehens der Zeit bestehen bleiben kann.
Ringelnatz nutzt eine einfache, fast prosaische Sprache, die den unmittelbaren Charakter der Gedanken und Gefühle des Sprechers unterstreicht. Der lockere Reim und die Alltagssprache verleihen dem Gedicht eine gewisse Unmittelbarkeit und Authentizität. Das Gedicht ist eine subtile Reflexion über die menschliche Erfahrung, die Suche nach Sinn und Beständigkeit in einer Welt, die von Zeitdruck und Vergänglichkeit geprägt ist. Es ist ein persönliches Gedicht, das durch seine Ehrlichkeit und Einfachheit eine universelle Resonanz erzeugt.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.