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Finnisches Lied

Von

Käm′ der liebe Wohlbekannte,
Völlig so wie er geschieden:
Kuß erkläng′ an seinen Lippen,
Hätt′ auch Wolfsblut sie gerötet;
Ihm den Handschlag gäb′ ich, wären
Seine Fingerspitzen Schlangen.

Wind! o hättest du Verständnis,
Wort′ um Worte trügst du wechselnd,
Sollt auch einiges verhallen,
Zwischen zwei entfernten Liebchen.

Gern entbehrt′ ich gute Bissen,
Priesters Tafelfleisch vergäß′ ich
Eher, als dem Freund entsagen,
Den ich Sommers rasch bezwungen,
Winters langer Weis′ bezähmte.

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Gedicht: Finnisches Lied von Johann Wolfgang von Goethe

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Finnisches Lied“ von Johann Wolfgang von Goethe ist eine ergreifende Liebeserklärung, die durch ihre bildhafte Sprache und die Überwindung äußerlicher Hindernisse an Intensität gewinnt. Es drückt eine tiefe Sehnsucht und die unbedingte Bereitschaft aus, alle Widrigkeiten zu überwinden, um die geliebte Person zu empfangen und ihr verbunden zu bleiben. Der Text ist von einer archaischen Kraft durchzogen, die die ursprüngliche Natur der Emotionen hervorhebt.

In der ersten Strophe wird die bedingungslose Hingabe des Sprechers an seinen Liebsten deutlich. Selbst wenn dieser „Wolfsblut“ an den Lippen hätte oder „Schlangen“ an den Fingerspitzen, würde der Sprecher ihn mit einem Kuss begrüßen und ihm die Hand reichen. Diese radikale Akzeptanz und die Bereitschaft, jede potenzielle Gefahr oder Abstoßung zu überwinden, unterstreichen die unerschütterliche Liebe und das Vertrauen. Die Bilder von „Wolfsblut“ und „Schlangen“ sind dabei Metaphern für potenzielle Bedrohungen oder negative Eigenschaften, die die Liebe aber nicht beeinträchtigen können.

Die zweite Strophe wendet sich an den Wind als Boten, der die Worte der Liebe über die Distanz tragen soll. Hier manifestiert sich die Sehnsucht nach Kommunikation und die Bereitschaft, selbst kleinste Zeichen der Nähe zu schätzen. Die Zeilen drücken die Hoffnung aus, dass der Wind die Botschaft der Liebe überbringen kann, auch wenn einige Worte verloren gehen sollten. Dies unterstreicht die Bedeutung des Kommunikationsversuchs und die Hingabe, trotz möglicher Hindernisse eine Verbindung aufrechtzuerhalten.

Die dritte Strophe manifestiert die absolute Priorität des Freundes. Der Sprecher wäre bereit, auf materielle Genüsse wie „gute Bissen“ oder sogar „Priesters Tafelfleisch“ zu verzichten, um dem Freund nicht entsagen zu müssen. Die Verse deuten auf eine tiefe, langjährige Freundschaft oder Liebesbeziehung, in der der Freund sowohl im Sommer als auch im Winter – also zu jeder Zeit und unter allen Umständen – präsent ist. Dies verdeutlicht die Unerschütterlichkeit der Gefühle und die Bereitschaft, jede andere Verpflichtung oder jedes andere Bedürfnis zugunsten der Beziehung zurückzustellen.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.