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Erlebnis

Von

Mit silbergrauem Dufte war das Tal
Der Dämmerung erfüllt, wie wenn der Mond
Durch Wolken sickert. Doch es war nicht Nacht.
Mit silbergrauem Duft des dunklen Tales
Verschwammen meine dämmernden Gedanken,
Und still versank ich in dem wehenden,
Durchsichtigen Meere und verließ das Leben.
Wie wunderbare Blumen waren da,
Mit Kelchen dunkelglühend! Pflanzendickicht,
Durch das ein gelbrot Licht wie von Topasen
In warmen Strömen drang und glomm. Das Ganze
War angefüllt mit einem tiefen Schwellen
Schwermütiger Musik. Und dieses wußt ich,
Obgleich ichs nicht begreife, doch ich wußt es:
Das ist der Tod. Der ist Musik geworden,
Gewaltig sehnend, süß und dunkelglühend,
Verwandt der tiefsten Schwermut.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Erlebnis von Hugo von Hofmannsthal

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Erlebnis“ von Hugo von Hofmannsthal beschreibt eine außergewöhnliche Erfahrung, die der Autor als Begegnung mit dem Tod interpretiert. Es beginnt mit einer Beschreibung der Landschaft, die durch den „silbergrauen Duft“ und das dämmernde Licht eine traumartige Atmosphäre erzeugt. Diese Szenerie ist jedoch nicht die Nacht, sondern ein Zwischenreich, in dem die Grenzen zwischen Realität und Vorstellung verschwimmen.

Die beschriebene Erfahrung führt den Erzähler in eine Welt, die von sinnlichen Eindrücken geprägt ist. Er versinkt in einem „wehenden, durchsichtigen Meere“ und verlässt das Leben, was als Übergang in eine andere Dimension interpretiert werden kann. In dieser Welt offenbaren sich „wunderbare Blumen“ und ein „Pflanzendickicht“, das von einem gelb-roten Licht durchflutet wird, das an kostbare Edelsteine erinnert. Diese detaillierten Beschreibungen dienen dazu, die Intensität und Schönheit des Erlebten hervorzuheben.

Ein entscheidendes Element des Gedichts ist die Musik. Ein „tiefes Schwellen“ schwermütiger Musik erfüllt die Szene, und der Erzähler erkennt, dass dies der Tod ist, der selbst zur Musik geworden ist. Die Musik ist nicht nur ein akustisches Phänomen, sondern eine Verkörperung des Todes, die „gewaltig sehnend, süß und dunkelglühend“ ist. Diese Beschreibung betont die Ambivalenz des Todes: Er ist gleichzeitig von Schönheit und Trauer, von Sehnsucht und Dunkelheit geprägt.

Hofmannsthal verwendet in seinem Gedicht eine reiche Symbolik, um die Erfahrung des Todes auszudrücken. Die dämmerige Landschaft, das „wehende Meer“ und die glühenden Blumen können als Metaphern für das Unbekannte und das Jenseits verstanden werden. Die Musik, die zum Wesen des Todes wird, drückt die tiefe Verbundenheit von Leben und Tod aus. Das Gedicht ist somit eine tiefgründige Reflexion über das Sterben und die mögliche Schönheit, die im Übergang vom Leben verborgen liegt.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.