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Epiphanias

Von

Die Heil′gen Drei König′ mit ihrem Stern,
Sie essen, sie trinken, und bezahlen nicht gern;
Sie essen gern, sie trinken gern,
Sie essen, trinken, und bezahlen nicht gern.

Die Heil′gen Drei König′ sind kommen allhier;
Es sind ihrer drei und sind nicht ihrer vier;
Und wenn zu dreien der vierte wär′,
So wär′ ein Heil′ger Drei König mehr.

Ich Erster bin der Weiß′ und auch der Schön′,
Bei Tage solltet ihr erst mich sehn!
Doch ach, mit allen Spezerein
Werd′ ich sein Tag kein Mädchen mir erfreu′n.

Ich aber bin der Braun′ und bin der Lang′,
Bekannt bei Weibern wohl und bei Gesang.
Ich bringe Gold statt Spezerei′n;
Da werd′ ich überall willkommen sein.

Ich endlich bin der Schwarz′ und bin der Klein′
Und mag auch wohl einmal recht lustig sein.
Ich esse gern, ich trinke gern,
Ich esse, trinke und bedanke mich gern.

Die Heil′gen Drei König′ sind wohlgesinnt,
Sie suchen die Mutter und das Kind;
Der Joseph fromm sitzt auch dabei,
Der Ochs und Esel liegen auf der Streu.

Wir bringen Myrrhen, wir bringen Gold,
Dem Weihrauch sind die Damen hold;
Und haben wir Wein von gutem Gewächs,
So trinken wir drei so gut als ihrer sechs.

Da wir nun hier schöne Herrn und Frau′n.
Aber keine Ochsen und Esel schau′n,
So sind wir nicht am rechten Ort
Und zieh′n unseres Weges weitet fort.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Epiphanias von Johann Wolfgang von Goethe

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Epiphanias“ von Johann Wolfgang von Goethe ist eine humorvolle und leichtfüßige Darstellung der Heiligen Drei Könige anlässlich des Epiphaniasfestes, auch bekannt als Dreikönigstag. Es ist keine tiefgründige religiöse Betrachtung, sondern vielmehr eine amüsante und weltliche Auseinandersetzung mit der traditionellen Thematik. Das Gedicht nutzt eine einfache Sprache und einen eingängigen Rhythmus, was es leicht verständlich und zugänglich macht.

Goethe personifiziert die Könige und gibt jedem eine individuelle Charakteristik, die durch ihre Selbstvorstellung und die Beschreibung ihrer Gaben zum Ausdruck kommt. Der erste König, der „Weiße“, beklagt sein Schicksal, trotz seiner Schönheit keine Frau erfreuen zu können. Der zweite König, der „Braune“, ist stolz auf seine Popularität bei Frauen und seinen Reichtum, symbolisiert durch das Gold, das er mitbringt. Der dritte König, der „Schwarze“, genießt das Essen und Trinken und zeigt sich insgesamt unbeschwert und fröhlich. Diese unterschiedlichen Charaktere bieten eine humorvolle Variation und machen das Gedicht lebendig.

Das Gedicht nimmt eine unerwartete Wendung, indem es die typische weihnachtliche Szenerie, die Anbetung des Jesuskindes, ironisch bricht. Die Könige sind enttäuscht, keine Ochsen und Esel vorzufinden, die traditionellen Begleiter in der Krippendarstellung. Sie kommen zu dem Schluss, dass sie sich am falschen Ort befinden und ziehen weiter. Dieser Schluss ist amüsant und zeigt, dass die Könige weniger an der religiösen Bedeutung des Festes interessiert sind als an den weltlichen Freuden des Lebens. Der humorvolle Kontrast zwischen dem erwarteten religiösen Hintergrund und den weltlichen Interessen der Könige ist ein zentrales Element des Gedichts.

Die Verwendung von humorvollen Elementen und die leichte, fast spielerische Sprache machen „Epiphanias“ zu einem typischen Beispiel für Goethes Fähigkeit, ernste Themen mit Leichtigkeit und Humor zu verbinden. Das Gedicht ist nicht nur eine Beschreibung der Heiligen Drei Könige, sondern auch eine Gesellschaftskritik, die auf ironische Weise die menschlichen Schwächen und die Vorliebe für weltliche Genüsse anspricht. Die einfache Struktur des Gedichts, die Reime und die eingängigen Verse tragen dazu bei, dass es leicht im Gedächtnis bleibt und eine humorvolle Botschaft vermittelt.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.