Einmal noch den Abend halten
Einmal noch den Abend halten
Im versinkenden Gefühl!
Der Gestalten, der Gewalten
Sind zuviel.
Sie umbrausen den verwegnen Leuchter,
Der die Nacht erhellt.
Fiebriger und feuchter
Glänzt das Angesicht der Welt.
Erste Sterne, erste Tropfen regnen,
Immer süßer singt das Blatt am Baum.
Und die brüderlichen Blitze segnen
Blau wie Veilchen den erwachten Traum.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Einmal noch den Abend halten“ von Klabund drückt eine Sehnsucht nach dem Verweilen in einem flüchtigen Moment des Gefühls aus, inmitten einer Welt, die von einer Überfülle an Eindrücken und Kräften geprägt ist. Der Titel selbst suggeriert den Wunsch, die Zeit anzuhalten, den Abend festzuhalten, bevor er im Lauf der Dinge vergeht. Die ersten vier Zeilen etablieren eine Atmosphäre der Überwältigung und des Wunsches nach Ruhe. Die „Gestalten“ und „Gewalten“ stehen für die Fülle des Lebens, die den Dichter zu erdrücken droht, wodurch der Wunsch nach einer Atempause umso dringlicher wird.
Die zweite Strophe vertieft das Bild der Welt, die durch die hereinbrechende Nacht beeinflusst wird. Das „versinkende Gefühl“ findet seinen Ausdruck in den Bildern des „verwegnen Leuchters“, der die Dunkelheit erhellt, und des fiebrig glänzenden Angesichts der Welt. Diese Metaphern deuten auf eine zunehmende Intensität der Wahrnehmung hin, eine Steigerung der Eindrücke, die das lyrische Ich erlebt. Das „Fiebriger“ und „feuchter“ unterstreicht die emotionale und sinnliche Aufladung der Szenerie, als ob die Welt selbst in fieberhafter Erregung läge.
In der dritten Strophe vollzieht sich ein Wandel. Die „ersten Sterne“ und „ersten Tropfen“ deuten auf den Beginn der Nacht und eines Regenschauers hin, was eine beruhigende Wirkung hat. Die Natur erwacht zum Leben, das „Blatt am Baum“ singt immer süßer, und die „brüderlichen Blitze segnen“ den „erwachten Traum“. Hier wird eine Verbindung zur Natur hergestellt, die eine tröstende und harmonisierende Kraft ausübt. Die „Blitze“ werden positiv konnotiert, was die Versöhnung mit dem Natürlichen und vielleicht auch mit dem eigenen Inneren symbolisiert.
Insgesamt ist das Gedicht eine Reflexion über die menschliche Erfahrung, die Sehnsucht nach Ruhe und Harmonie inmitten der Hektik und Überfülle des Lebens. Es zeigt den Wunsch, einen Moment der Intensität zu erleben und ihn festzuhalten, bevor die Welt sich wieder verändert. Klabund nutzt dabei Bilder der Natur, um die Gefühle des lyrischen Ichs auszudrücken und eine Atmosphäre von sowohl Überwältigung als auch Trost zu schaffen. Das Gedicht endet mit dem Bild eines erwachten Traums, was auf eine neue Hoffnung oder ein Gefühl der Erneuerung hindeutet, das durch das Erleben des Abends und der damit verbundenen Emotionen ausgelöst wurde.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.