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Die Schifffahrt oder Die Geretteten

Von

Es lächelt der Himmel, die Woge glänzt,
Und rosig erglüht das Gestade,
Von der lächelnden Hoffnung Blüthen umkränzt
Betret′ ich die wogenden Pfade;
Es winken uns Mond und Abendstern,
Sie baden in thauigen Fluthen so gern,
Wir folgen den winkenden Strahlen!

Wie spiegelt im sanftgebrochenen Tanz
Der Neumond auf wallenden Fluthen,
Es strahlt der hesperischen Küsten Kranz,
Hoch leuchten des Schneeberges Gluthen!
Und Purpur und Lilien im blauen Meer,
Sie wogen schmeichelnd um′s Schiffchen her,
O liebliche Stille des Meeres!

Still sinkt in des Meeres tiefwogendem Schooß
Die Sonn′ in die westliche Ferne;
Wie raget der düstere Alpenkoloß
Ins dunkle Gewölbe der Sterne!
Weiß schäumt die Wog′ um das Felsenriff,
Rasch gleitet auf spritzenden Wogen das Schiff,
O kühne Fahrt auf dem Meere!

Gleich dem Aar stürzt herab aus der Felsenkluft
Der Alpenwind jach auf die Fluthen!
Ein trüber Schleier durchwallet die Luft,
Es erlöschen die rosigen Gluthen!
Hoch schäumet die Wog′ um des Schiffleins Bord,
Es sauset der Sturm im wilden Accord;
O trügliche Stille des Meeres!

Laut hallt das Gestade, die Woge rauscht,
Und Schaum überschneiet die Küsten!
Auf der Felsbank sitzet der Schiffbruch und lauscht,
Und es heult der Sturm durch die Wüsten!
Das Schifflein schwanket Wog′ auf und Wog′ ab;
Unter jeder sich öffnet ein feuchtes Grab –
Ach rette, Vater, uns Armen!

Und tief hinunter und tief herauf
Aus der Nacht in die täuschende Ferne
Wird geworfen das Schifflein im irren Lauf,
Es verlöschen die leitenden Sterne!
In weitgeborstener Wogen Schlund
(Nicht erreichet das Auge den schwarzen Grund!)
Wird dort uns Armen gebettet!

Nicht mehr der Himmel, die Wog′ erglüht
Vom wildgeschleuderten Schaume:
Des offenen Abgrunds Rachen sprüht
Bis an sinkender Wolken Saume!
Im Nachen erkranket das Mutterherz,
Nur fühlend der Mägdlein, der holden, Schmerz:
Mit den süßen Mägdlein Erbarmen!

Die Küste von zackigen Klippen umstarrt,
Die nahe, sie beut kein Erbarmen!
Dort bettet die Woge die Todten hart –
O wehe, o wehe den Armen!
Der Klippenfuß starrt aus der Fluth empor,
Ihn umtoben die Wogen im hellen Chor!
O leite das Schifflein vorüber!

Und geleitet ward es, das Schifflein, wohl
Über hohe brandende Wogen!
Von Vaterhand ward es liebevoll
An den sicheren Strand gezogen!
Es entstieg die Sonne der Purpurfluth,
Und strahlet ins Herz den Geretteten Muth;
O Dank dem Vater des Lebens!

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Die Schifffahrt oder Die Geretteten von Friederike Sophie Christiane Brun

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Die Schifffahrt oder Die Geretteten“ von Friederike Sophie Christiane Brun ist eine romantische Erzählung in Versform, die eine Seereise von der anfänglichen Idylle bis zur dramatischen Schiffbruchsgefahr und schließlich zur glücklichen Rettung beschreibt. Es ist eine Ode an die Natur, an die Gefahren des Meeres und an die göttliche Gnade, die die Reisenden schützt. Die Struktur des Gedichts folgt einem klaren Muster, indem es die unterschiedlichen Phasen der Reise in thematischen Abschnitten darstellt.

Im ersten Teil wird die anfängliche Freude und Hoffnung der Reisenden geschildert. Der Himmel lächelt, die See glänzt, und die Umgebung wird in leuchtenden Farben beschrieben. Die Natur wird als freundlich und einladend dargestellt, was die Stimmung der Reisenden widerspiegelt. Der Mond und der Abendstern werden als Wegweiser erwähnt, die die Reisenden auf ihrer Reise begleiten. Dieser Abschnitt vermittelt ein Gefühl von Unbeschwertheit und Vorfreude, das durch die Verwendung von Adjektiven wie „lächelnd“, „rosig“ und „liebliche“ verstärkt wird.

Der zweite Teil des Gedichts wechselt in eine düstere Stimmung. Der Sturm bricht los, und die anfängliche Idylle verwandelt sich in eine Szene der Bedrohung und Angst. Die Wellen werden höher, das Schiff ist in Gefahr, und die Reisenden werden mit dem Schrecken des Schiffbruchs konfrontiert. Die Sprache wird dramatischer und beschreibt die Elemente in einem Kampf gegen das Schiff, es ist ein deutlicher Kontrast zu den freundlichen Bildern des Anfangs, was die plötzliche Veränderung in der Naturgewalt und die daraus resultierende Hilflosigkeit der Menschen verdeutlicht.

Der Höhepunkt des Gedichts ist die Beschreibung des Schiffbruchs und der Verzweiflung der Reisenden. Die Dunkelheit, die tosenden Wellen und die drohende Gefahr des Ertrinkens verstärken das Gefühl des Verlustes und der Hoffnungslosigkeit. Der Vers „Ach rette, Vater, uns Armen!“ spiegelt die tiefe Angst und die Sehnsucht nach Rettung wider. Hier wird das zentrale Thema des Gedichts – die menschliche Abhängigkeit von göttlicher Hilfe – verdeutlicht.

Das Gedicht endet mit der erlösenden Rettung. Das Schiff wird sicher an Land gebracht, und die Sonne geht auf, wodurch die Hoffnung und der Dankbarkeit der Geretteten zum Ausdruck kommen. Die göttliche Hand wird als Ursache für die Rettung gesehen, und der Dank an den „Vater des Lebens“ steht im Mittelpunkt des letzten Verses. Dies unterstreicht das zentrale Motiv des Gedichts: die Hoffnung, der Glaube und die Dankbarkeit angesichts der Naturgewalten. Das Gedicht dient als Mahnung an die menschliche Demut und die Macht des Glaubens.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.