Logo der Website, Schriftzug "Poesie Oase" mit Palmen umrandet.
, ,

Die Raben

Von

Über den schwarzen Winkel hasten
Am Mittag die Raben mit hartem Schrei.
Ihr Schatten streift an der Hirschkuh vorbei
Und manchmal sieht man sie mürrisch rasten.

O wie sie die braune Stille stören,
In der ein Acker sich verzückt,
Wie ein Weib, das schwere Ahnung berückt,
Und manchmal kann man sie keifen hören.

Um ein Aas, das sie irgendwo wittern,
Und plötzlich richten nach Nord sie den Flug
Und schwinden wie ein Leichenzug
In Lüften, die von Wollust zittern.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Die Raben von Georg Trakl

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Die Raben“ von Georg Trakl ist eine düstere Naturbetrachtung, die von einer beklemmenden Atmosphäre geprägt ist. Es beschreibt in drei Strophen das Verhalten von Raben in einer sonnenbeschienenen, aber unheilvollen Landschaft. Die Wahl der Vögel als zentrale Metapher sowie die düstere Bildsprache deuten auf eine tieferliegende Symbolik hin, die sich mit Themen wie Tod, Verfall und der Fragilität des Lebens auseinandersetzt.

Die erste Strophe etabliert sofort eine beunruhigende Stimmung. Das Bild der „schwarzen Winkel“ und der „harten Schrei“ der Raben deutet auf eine Störung der natürlichen Ordnung hin. Die Raben, als Boten des Todes und des Verfalls, durchstreifen die Landschaft und werfen ihre Schatten auf die Hirschkuh, ein Symbol der Unschuld und des Friedens. Der Wechsel von Bewegung („hasten“) zu Ruhe („mürrisch rasten“) verstärkt das Gefühl der Unruhe und der Unvorhersehbarkeit.

In der zweiten Strophe wird diese Unruhe durch eine metaphorische Verbindung zu menschlichen Empfindungen verstärkt. Die Raben „stören“ die „braune Stille“, die mit einem „Acker“ und einer „Weib“ verglichen wird, die von „schwere[r] Ahnung“ heimgesucht wird. Hier wird die Natur mit menschlichen Emotionen verknüpft, was die düstere Atmosphäre noch verstärkt. Die Raben scheinen nicht nur die Stille zu unterbrechen, sondern auch eine Vorahnung von Unglück zu verkörpern. Die Möglichkeit, das „Keifen“ der Raben zu hören, verleiht der Szene eine zusätzliche Härte und Unmittelbarkeit.

Die letzte Strophe kulminiert in der Auflösung des Gedichts. Die Raben, von einem „Aas“ angelockt, das sie „irgendwo wittern“, erheben sich und fliegen „nach Nord“. Dieser Richtungswechsel könnte als Hinweis auf den Tod, die Kälte oder das Vergessen interpretiert werden. Der Vergleich mit einem „Leichenzug“ unterstreicht die Todesnähe und die Vergänglichkeit. Die „Lüfte, die von Wollust zittern“ bilden einen verstörenden Kontrast, der die Ambivalenz des Lebens zwischen Verfall und dem Begehren nach Sinn oder Befriedigung verdeutlicht. Das Gedicht endet mit einem Bild des Verschwindens, was die Kurzlebigkeit und die Melancholie des Lebens betont.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.